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Swaziland - Märchenland ist abgebrannt

Von Horand Knaup, Mbabane

13 Ehefrauen, sieben Paläste und 200 Millionen Dollar Vermögen: Während der König von Swasiland, Afrikas letzter wirklicher Monarch, den Luxus genießt, blutet sein Land aus. Für seinen bevorstehenden Geburtstag sollen seine Untertanen sogar noch einen zusätzlichen Obolus leisten.
Ach, es könnte so märchenhaft sein. Ein kleines Königreich, mit bezaubernden Hügeln, fruchtbaren Böden, farbenfrohen Tänzen und einem jungen König. Ein Land ohne Opposition, stattdessen mit friedliebenden Menschen, die keine Kriege und keine Revolutionen kennen.
Ach, die Realität ist so bitter. Das kleine Königreich hat die höchste Aids-Rate und die niedrigste Lebenserwartung der Welt, der König lebt in Saus und Braus, knapp 70 Prozent der Swasis existieren unterhalb der Armutsgrenze - und die Staatskasse ist leer.

Verschwendung und Brauchtum

Mswati III., ist 43 Jahre alt und König von Swasiland. Sein Reich ist knapp so groß wie Sachsen, umschlossen von Südafrika und Mosambik, er herrscht über 1,3 Millionen Menschen - und eine Coca-Cola-Fabrik, die ganz Afrika versorgt.
Seit 25 Jahren regiert er sein kleines Imperium, so absolutistisch und uneingeschränkt wie kein anderer Monarch in Afrika. Auf 200 Millionen Dollar schätzen die Experten von "Forbes" sein Vermögen.
Er liebt die Verschwendung und das Brauchtum. Einmal im Jahr treten 50.000 kinderlose Frauen beim "Reed Dance" an, um der Mutter des Regenten barbusig ihre Reverenz zu erweisen. Zwei seiner 13 Ehefrauen soll sich der König dort ausgesucht haben.

Reformen? Überflüssig!

Für Politik oder die Kunst, ein Land zu regieren, interessiert sich der Monarch eher weniger. Das Staatsbudget? Ist ohne Bedeutung. Reformen? Sind überflüssig. Demonstrierende Studenten? Werden ins Gefängnis geworfen.

Auch Bekhi Makhubu, 42, saß schon im Arrest. Weil er darüber berichtet hatte, dass ein 18-jähriges Mädchen die Schule abgebrochen hatte, um Frau des Königs zu werden. Das war 1999, Makhubu verlor seinen Job, und seither befindet er sich in einer Art Dauerkonflikt mit dem Königshaus.
Inzwischen produziert der 100-Kilo-Mann in einem Zehn-Quadratmeter-Büro in der Innenstadt der Hauptstadt Mbabane sein eigenes Magazin. Die Auflage seiner "Nation" ist gering, aber jeden Monat aufs Neue ein Nadelstich für den König.

Themen hat Makhubu genug. Sieben pompöse Paläste hat der König sich und seinen Frauen gegönnt, sein eigener wird gerade millionenschwer aufgehübscht. Die Nkoyoyo-Residenz hoch über Mbabane hat er mit viktorianischen Möbeln ausgestattet, in der Lobby grüßen goldene Löwen und Elefanten. Aus Italien wurde Marmor herangeschafft, fürs Interieur ein Designer aus Ägypten engagiert. Im Untergeschoss ist eine lasergesteuerte Discothek installiert.

Sechs Millionen beim Shopping

Wenn der König sein Pseudo-Parlament besucht, rollt er im Maybach oder Pullman-Mercedes vor, auch sämtliche Ehefrauen hat er mit deutschen Premium-Marken beschenkt. 2003 hatte ihm das Parlament ein eigenes Flugzeug verweigert. Verschafft hat er sich trotzdem eines.
"Über den Jet redet man nicht", sagt Chefredakteur Makhubu, und sein Tonfall wird leiser. "Aber er steht hier auf dem Flughafen - wenn ihn nicht gerade die Ehefrauen nutzen." Die gehen mit dem Jet gerne mal auf Shoppingtour nach Johannesburg, Dubai oder Paris.

2009 verjubelten fünf der Herzensdamen während eines einzigen Trips sechs Millionen Dollar. Bisher gab das nationale Budget solche Eskapaden her. Weil Nachbar Südafrika jahrzehntelang aushalf. Und weil Getränkegigant Coca-Cola über ein Drittel des privaten Steueraufkommens erbringt. 1987 hatte der Multi seine kontinentale Süßstoffproduktion von Südafrika nach Swasiland verlegt. Die Produktion im Apartheid-Land war ihm zu risikoreich geworden.

Im Grunde pleite

Heute ist der König regelmäßiger Gast am Konzernsitz in Atlanta. "Immer wenn er in den USA ist, schaut er dort vorbei", heißt es in Mbabane. "Atlanta ist sein zweites Zuhause." In Georgia frischt er dann wohl auch seine Vision vom Märchenland auf: Im Jahr 2022, so hat er verkündet, soll Swasiland auf dem Stand einer modernen Industriegesellschaft sein.
Doch jetzt werden die Wolken dunkler über dem Scheinidyll. Südafrika hat seine Alimente, die rund 60 Prozent des Budgets ausmachten, drastisch gekürzt und will einen dringend benötigten Kredit über 210 Millionen Euro nur anweisen, wenn es endlich Reformen gibt. Wenn Menschenrechte beachtet und Parteien zugelassen werden. Der Internationale Währungsfonds nannte die Wirtschaft bereits "außer Kontrolle".
Tatsächlich sind die Steuereinnahmen rapide zurückgegangen, zahlreiche Firmen nach Südafrika abgewandert. Vor einigen Wochen hat die Münchner Druckerei Giesecke & Devrient noch einmal zwei Container mit frischem Geld geschickt. Doch im Grunde ist das Land pleite.

"Das Land geht vor die Hunde"

Es fehlt an Medikamenten, die Lehrer streiken, die Feuerwehrleute auch, und selbst die Soldaten spielten bereits mit der Idee, auf den Palast zuzumarschieren. "Das Land geht vor die Hunde", sagt Journalist Makhubu in seinem kleinen Büro. "Und der König zeigt keine Führung."
Am 19. April hat er nun Geburtstag. 44 Jahre wird er dann, und um den Festtag gebührend zu feiern, sind im Haushalt 500.000 Euro ausgewiesen. Doch das wird nicht reichen, und deshalb sollen des Königs Untertanen Rinder spenden. So hat es der Heimatminister verkündet.
Doch die Swasis wollen nicht spenden. Sie wollen einen Herrscher, der sie nicht ausnimmt, sondern für sie sorgt. So wie der Vater des Königs. Sobhuza II. regierte rekordverdächtige 61 Jahre lang. Er soll um die 70 Frauen gehabt haben, an die tausend Enkel, aber er kümmerte sich um sein Land, und als er 1983 starb, lag die Analphabetenrate bei der von Spanien.

Sie halten sich schadlos

Heute sind die Prioritäten andere. Es geht munter zu bei Hofe. Dass der König trotz seiner vielen Frauen wenig auslässt, ist weithin bekannt. Die Gemahlinnen halten sich ihrerseits schadlos. Schon 2004 verließen zwei von ihnen das Land, als ihre Affären öffentlich wurden.

La Dube, Ehefrau Nummer zwölf, wurde vor gut eineinhalb Jahren in flagranti mit dem Justizminister erwischt. Der Minister, den sie aus seinem Versteck im Bettkasten zogen, wurde gefeuert, La Dube musste den Palast verlassen. Diskreter amüsierte sich Ehefrau Bigesa, 45. Sie hielt sich eine Zeitlang einen jungen Bettgefährten im südafrikanischen Pretoria. Aber niemand erfuhr davon, und so darf sie weiter auf königliche Rechnung shoppen gehen.

"Führung, die nichts kapiert"

Man sieht es pragmatisch mit der Liebe in Mbabane. Königstochter Temeswati wird ein Verhältnis zum Premier von Kuwait nachgesagt. Tochter Sikhanyiso, 24, turtelt - auf Betreiben des Vaters - mit Teodorin Obiang, dem Sohn des Diktators von Äquatorialguinea. Der hat zwar einen miserablen Ruf, aber viel Geld
Bei einem seiner Besuche in Mbabane wurden ihm unlängst 2,5 Millionen Dollar gestohlen. Egal, wichtig ist: Äquatorialguinea ist einer der größten Ölproduzenten Afrikas, da können verwandtschaftliche Beziehungen nicht schaden. Als im Januar Vater Teodoro Obiang in Mbabane landete, wurde ihm mehr Ehre zuteil als einst Nelson Mandela. Nun hofft der König auf billiges Öl aus Äquatorialguinea.
Doch die reichen Freunde werden den Niedergang nicht aufhalten. Makhubus Kollege Musa Ndlangamandla, Chef des "Observer" und lange Jahre enger Vertrauter des Königs, hat sich vor kurzem ins südafrikanische Exil abgesetzt. Makhubu hält die Stellung - noch. Das Märchenland verkomme zum "failed state", schrieb er kürzlich, "dank der Arroganz einer Führung, die nichts kapiert - nicht einmal wenn ihr die Fakten ins Auge springen."