mit Bezug zu: Berlin: Merve Verlag, Rojava, Grenzbegriffe "Indien", "Orient"
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Abb. "The Prada LG KE850 mobile phone", "[i]m Jahr 2006 erschien das LG Prada, Modellbezeichnung 'KE850' [...]. Es war das erste Mobiltelefon mit kapazitivem Touchscreen, und war mit einer 2-Megapixel-Kamera, 144p-Filmauflösung, LED-Beleuchtung und Miniaturspiegel für Eigenporträts ausgestattet" (WP). Bild von LG1991 unter Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 3.0 (modifiziert); Collage mit "Die syrische Stadt Homs", 2012, Foto von Bo Yaser, Wikimedia Commons, Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 3.0 (modifiziert).
"Auslöser des Konflikts war ein friedlicher Protest gegen das autoritäre [baathistische] Regime Assads im Zuge des Arabischen Frühlings Anfang 2011. Es kam zu einer wachsenden Einflussnahme der Muslimbrüder, anderer radikalsunnitischer Gruppierungen und ausländischer Interessenvertreter. Neben dem Zustrom von Waffen kämpften zudem auch immer mehr ausländische Freiwillige und Söldner in Syrien. Der Wunsch der Opposition, die Demokratisierung Syriens zu erreichen, rückte in diesem Krieg nach und nach in den Hintergrund, stattdessen trat der Kampf verschiedener Organisationen aus religiösen und ethnischen Gründen in den Vordergrund. Das Land zerfiel in Gebiete, die entweder von der Regierung Assads, Oppositionsgruppen, den Volksverteidigungseinheiten der Kurden oder von Islamisten beherrscht wurden. [...] Militärische Lage, Stand: 24. November 2023, [unterscheidet Gebiete] [v]on den Streitkräften Syriens oder anderen Pro-Assad-Kräften [Präsident Baschar al-Assad] kontrolliert, [v]on kurdischen Kräften bzw. den Demokratischen Kräften Syriens (SDF) kontrolliert (bildet den Staat Rojava), [ü]berwiegend von türkischen Streitkräften kontrolliert (bildet die Türkische Besetzung Nordsyriens), teilweise von der Syrischen Übergangsregierung, [Gebiete v]on Hai'at Tahrir asch-Scham kontrolliert[, v]on der Revolutionären Kommandoarmee und den Streitkräften der Vereinigten Staaten kontrolliert, [v]om Islamischen Staat (IS) [Daesh] kontrolliert, [und Gebiete mit] Kontrolle zu gleichen Teilen zwischen Regierung und Oppositionskräften bzw. Waffenruhe". Der Wikipedia-Artikel, Stand 29. September 2024, listet unter "Internationale Einflussnahme" den Iran, die irannahe und vor allem im Libanon ansässige schiitische Terrormiliz Hisbollah, Russland, die Vereinigten Staaten, die Türkei, Frankreich, Großbritannien und Israel.
Medienkrieg, Kriegsmedien Dieser Krieg ist auf eine bestimmte Weise neu ein medial globaler Krieg, dadurch dass alle mit ihren Medienendgeräten synchron teilhaben konnten bzw. mussten. Auch das Anwachsen der Parteien der Auseinandersetzung und die konsequente Zerstörung von Infrastruktur mancher Region können als Folgewirkung einer neuen Dimension der Entwicklung medialer Vernetzung erscheinen.
Formalisierungsversuche kennen Medienrevolutionen, Epochen, Akte der Transformation des symbolischen Tausches. Auch auf diesen Kontextseiten finden sich Spuren von Johannes Gutenbergs Erfindung des Drucks mit beweglichen Lettern (1450), von der Rolle von Wiegendrucken, "Inkunabeln", der neuen medialen Mittel in der Hexen- und Judenverfolgung sowie der konfessionalen Konflikte der Frühen Neuzeit, aber auch für Prozesse der beginnenden Aufklärung. Schließlich tauchen Zeitungen als Quelle auf (Leipzig: Timotheus Ritzsch 1650), und später als Instrument für Propaganda, das hilft, Diskriminierungen und Verfolgungen auf eine bis zu diesem Zeitpunkt nie dagewesene Weise zu intensivieren, die andauernde Präsenz der Führerstimme im Radio, die Wochenschau im Kino, das Fernsehen.
Vergleiche Theodor W. Adorno und Max Horkheimer: "Dialektik der Aufklärung" [EA New York 1944, Amsterdam: Querido 1947], Frankfurt: Fischer 2003, Kapitel "Kulturindustrie. Aufklärung als Massenbetrug", S. 168: "Dort wird das Radio zum universalen Maul des Führers; in den Straßenlautsprechern geht seine Stimme über ins Geheul der Panik verkündenden Sirenen, von denen moderne Propaganda ohnehin schwer zu unterscheiden ist. Die Nationalsozialisten selber wußten, daß der Rundfunk ihrer Sache Gestalt verlieh wie die Druckerpresse der Reformation. Das von der Religionssoziologie erfundene metaphysische Charisma des Führers hat sich schließlich als die bloße Allgegenwart seiner Radioreden erwiesen, welche die Allgegenwart des göttlichen Geistes dämonisch parodiert. Das gigantische Faktum, daß die Rede überall hindringt, ersetzt ihren Inhalt, wie die Wohltat jener Toscaniniübertragung anstelle ihres Inhalts, der Symphonie, tritt. Ihren wahren Zusammenhang vermag kein Hörer mehr aufzufassen, während die Führerrede ohnehin die Lüge ist. Das menschliche Wort absolut zu setzen, das falsche Gebot, ist die immanente Tendenz des Radios. Empfehlung wird zum Befehl".
Die neuen Medien setzen diese Tendenz fort und zeigen ihre Novizität nicht allein im radikal Synchronen, sondern hinzu kommt ein Mythos einer cineastisch aufgeladenen Authentizität, die in sich selbst widersprüchlich ist, insofern die Authentizität "schonungslos", "nackt" und "ungeschminkt" sein soll, zugleich aber "realistisch" ästhetisch auf dem Niveau eines Spielfilms, High Density, Dolby Surround, d.h. eines besonderen Kinoerlebnisses.
Die Morde des Daesh, der sich selbst "Islamischer Staat" nennt, gingen als Videos im August 2014 viral. Es handelt sich bei diesen Hinrichtungsinszenierungen durchaus um ein Zitat der westlichen dystopischen Stoffe, insbesondere George Orwells "Ninteeneightyfour" (1948). Genaugenommen wird aus einer Kosmologie heraus, die ursprünglich westliche moderne antisemitische Mythen reproduziert, die globale Aufmerksamkeit auf sich gezogen, ein ähnlich paranoid konzipiertes "System" quasi "gehackt" und mit der vermeintlich revolutionären Botschaft konfrontiert, es seien mit den yezidischen oder auch amerikanischen Mordopfern solche Personen "hingerichtet" worden, die in dieser projizierten Weltverschwörung eine Rolle innehatten (es folgt eine Paraphrase aus "Der Salafismus und die dschihadistische Idee", remid.de, 25.01.2015):
Der salafistische Horizont ist einem gnostischen nicht unähnlich, die Welt ist in Sünde gefallen, einschließlich der muslimischen Welt ("Ṭāghūt", eigentl. "heidnischer Tempel"). Das IS-Magazin "Dabiq", Nr. 4/1435 [2014], trägt den Titel "The Failed Crusade" und zeigt den Vatikanischen Obelisken auf der Piazza San Pietro, auf seine Spitze wurde eine IS-Flagge retuschiert. "Our goal is Rome", wird auch im Vorwort das verstorbene Al-Qaida-Mitglied Abū Musʿab az-Zarqāwī zitiert, wiederum mit Rom-Illustration daneben. "Since the rise of tāghūt law and the desertion of jihād", mit Formeln wie diesen wird eine Verfallsgeschichte erzählt, unterfüttert mit Kommentaren von neueren Islamisten sowie aus mittelalterlichen Quellen (14 Jh.). Wie bereits bei dem Al-Qaida-Magazin "Inspire" wird versucht, auf Englisch ein Weltpublikum anzusprechen. Das Wort "jihād" kommt dabei 13mal in dieser Dabiq-Ausgabe vor. Man befinde sich in "the lands of jihād", "living tawhīd [‘Monotheismus‘] and jihād" fordern die IS-Anführer. "[W]e will not rest from our jihād", "in this jihād", "[w]e perform jihād", "so his dedication to knowledge is like jihād" (daneben ein Bild mit Raketen): Insgesamt geht es eher um eine militärische Auslegung des Dschihad-Begriffes. Er wird verwendet zur Legitimation eines permanenten Ausnahmezustandes, aus welchem heraus die Islamisten auch das Versklaven von Yezidinnen im Magazin begründen.
Abb. Screenshot eines Youtube-Videos aus "'Islam in der Krise'. Interview mit Buchautor Dr. Michael Blume", remid.de, 07.09.2017, Abbildungstext: "Wenn man z.B. mittels eines Übersetzungsprogramms das arabische Wort für Freimaurer, ماسوني, nachschlägt, und diesen Begriff wiederum bei Youtube sucht, landet man schnell bei solchen Videos (Bsp.
vom 5. Sept. 2017 [Account: مكنه الأسرار, "der durch Geheimnisse Bemächtigte"; Titel: الماسونة الحقيقة المعقودة "Die (knotenförmige) wahre Freimaurerei"; 26.041 Aufrufe]). Höllische Feuer untermalen die Schlechtigkeit der Institutionen Freimaurerei [Winkel und Zirkel links; das "G" steht für die Allgegenwart der Geometrie] und Jesuitenorden [Society of Jesus, IHS = Iesum Habemus Socium, 'Wir haben Jesus als Gefährten', rechts] in diesem verschwörungsmythischen Eingangsbild eines Videos. Sie umrahmen einen
geschwärzten Papst, der das 'Böse', 'Heidnische' repräsentiert, dargestellt durch altägyptische Kulturinsignien im Hintergrund. Eines der Videos, die Youtube als ähnlich listet [das unterste], hat ein Vorschaubild mit Davidstern: 'Französischer Kanal zeigt Freimaurer-Einfluss in modernen islamischen Liedern' heißt der Titel übersetzt (2011)".
Hussam Al Zaher: "Syrer*innen nach dem Sturz Assads. Auf der Suche nach der Heimat", taz.de, Kolumne "Hamburger, aber halal", 1.1.2025, 9:00 Uhr: "Am 8. Dezember 2024 hat sich für mich viel verändert - die Herrschaft der Familie Assad über Syrien endete und in meinem Kopf fielen Mauern. [...] Auch Syrien hat sich verändert. Ich kann nicht in ein Flugzeug steigen und es ist wieder 2011".
Dr. Kamal Sido, 13. März 2025, Facebook, "(* 1961 in Afrin, Syria) is a German-Kurdish humants actvist", nach Massakern an der alawitischen Minderheit: "Zum Glück bin ich kein syrischer Staatsbürger mehr, oder war es... Ich möchte nicht in einem Land wie Syrien leben, aber wenn es mir erlaubt wird, werde ich die Gräber meines Vaters und meiner Mutter besuchen und die guten Menschen dort. Mit denen, die die Macht der islamischen Scharia und die Herrschaft der Dschihadisten unterstützen, habe ich nichts gemeinsam. Ich wünsche Syrien und seinen guten Menschen alles Gute. Friede sei mit euch".
Yassin Al-Haj Saleh: "Darstellung des Schrecklichen. Versuch über das zerstörte Syrien", übers. von Günther Orth, Berlin: Matthes & Seitz 2023, 13. Kapitel, S. 176f.:
"Von daher können wir in einer Brutalität, wie sie heute in Syrien herrscht, auch das Ergebnis einer Darstellungskrise sehen, die bewirkt, dass die meisten Lebensbereiche der Syrer nach wie vor von Wunden und Trauma geprägt sind. Wenn eine Darstellung nicht funktioniert, werden die Betroffenen passiv auf die sie verwundenden Ereignisse zurückgeworfen, und die fehlende Distanz zwischen Leid und Sinn führt dazu, dass unser Leiden gleichbedeutend mit dem Sinn wird und keine Distanz zwischen uns und der Direktheit der bestialischen Welt entstehen kann. In Syrien ist jede 'kulturelle' Darstellung durch Bilder, Stimmen, Zeichnungen und Begriffe in Bezug auf Umfang und Wirksamkeit stark eingeschränkt - die Gesellschaft als System zur Abfederung verletzender Erfahrungen war einem solchen Ausmaß an Traumata ausgesetzt, dass sie diese nicht mehr ableiten konnte und in mehrfacher Weise zusammengebrochen ist. Zu den Gründen gehören der absolute sowie relative verletzende Charakter der Erfahrungen. Viele der Erfahrungen sind tödlich oder psychisch so verheerend, dass ein innerer Dialog nicht mehr möglich ist. Sie sind so enorm, dasssie alle denkbaren Arten und Mittel zur Darstellung unzugänglich machen. Hinzu kommt, dass die meisten traumatisierenden Erfahrungen mit dem 'Staat' gemacht wurden, was ihre Darstellung und ihre Weiterverbreitung zu einem Akt werden lässt, der für die Darstellenden (politisch) gefährlich sein kann. Daher neigen viele Menschen dazu, auf jeden Ausdruck zu verzichten und ihr Denken zu verengen - wodurch Darstellung zunehmend eingeschränkt stattfindet".
Monzer Haider und Duleem Ameen Haji: "Islamismus - Syrien ist nicht sicher, weder dort noch hier", belltower.news, 7. August 2025: "Wer in Syrien zu einer verfolgten Minderheit gehörte, ist oft auch in Deutschland nicht vor Bedrohung sicher. Drusische Jugendliche berichten davon, von anderen Syrer*innen als 'Götzendiener' oder 'Verräter' beschimpft zu werden. Alawit*innen erleben Stigmatisierung und werden als 'Assad-Anhänger*innen' bezeichnet, welche angeblich die Macht in Syrien verloren hätten. Kurd*innen, insbesondere aus Rojava, werden nicht selten mit dem Etikett 'Separatist*innen' oder 'PKK-Unterstützer*innen' diffamiert; Vorwürfe, die aus der syrisch-türkischen Propaganda stammen, aber hier wiederholt und weiterverbreitet werden. Diese Form der Diskriminierung bleibt oft unsichtbar, da sie innerhalb von Gruppen geschieht, die in der deutschen Öffentlichkeit als homogen wahrgenommen werden. Doch genau diese Unsichtbarkeit macht sie gefährlich und lässt die von dieser Diskriminierungsform betroffenen Menschen im Stich. In Reaktion auf diese Entwicklungen wächst der Ruf nach 'HTS-freien Räumen' [Hai'at Tahrir al-Sham, HTS, dt. Komitee zur Befreiung Syrien] bzw. geschützten Orten, an denen sich Menschen frei von Einschüchterung, ideologischer Bevormundung und Gewaltandrohung begegnen können".
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