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Edvige Scimitt


Mit einem Budget von nur 8oo ooo DM drehte Matthias Zschokke 1985 seinen ersten Spielfilm Edvige Scimitt. Er wurde bei den "Hofer Filmtagen" im Herbst selben Jahres uraufgeführt, das "Zweite Deutsche Fernsehen" zeigte ihn am 15. Mai 1986 in seinem "Kleinen Fernsehspiel". Helmut Schödel schrieb in der "Zeit": "Oben auf einer Wolke schwebte ein Film. ...Was die Wolke, auf der sich dieser Film ereignet, zum Schweben bringt: Ironie."

Zschokke inszeniert EDVIGE SCIMITT


Eigentlich hieß sie Hedwig Schmitt. Als die Schweizerin in Palermo lebte, verballhornte die italienische Post ihren Namen in "Edvige Scimitt". Basierend auf Hedwigs Tagebüchern, erzählt Zschokkes Film einige Stationen aus ihrem Leben: Sie arbeitete -zu Beginn dieses Jahrhunderts- in London als Parlourmaid, in Mailand als "Saaltochter", in Palermo als Theatergarderobiere, in Zandvoort als Etagenkellnerin und in New York als Badraummädchen. Dabei erlebte sie "Ungeheuerlichkeiten auf absolut eigenwillige Art". (Zschokke)

Immer sind Männer hinter ihr her. Einige benutzen sie. Einer macht dem kunstseidenen Mädchen ein Kind. Edvige oder die Unschuld des Herzens. Kein soziales Drama, sondern viel Hintertreppe.

Der Film lebt von einer aberwitzigen Dialog- und Situationskomik. Und der gelernte Schauspieler Matthias Zschokke hat ein farbenfrohes Leinwandspektakel inszeniert- in theaterhaft künstlichen Dekors agieren die Darsteller entsprechend artifiziell-stilisiert. Als Bewunderer von Fellinis Plastiksonnemond blessiert Zschokke das realistische Medium Film.


In Kritiken las man zu Edvige Scimitt: "Der Leidensweg der literarischen Stereotype wäre auch als Film eine schwer verdauliche Küchenlied-Schmonzette, wenn Zschokke ihn nicht in einer phantastischen Bühnen-Kunstwelt mit kräftiger Ironie, fast wie ein knalliger Comic-Strip, abspulen würde. Dabei gelingt es ihm mit dem betont theatermäßigen Gestus der Schauspieler und einer gar nicht theatersteifen Kamera, die Komik des begnadeten Verführers ebenso wie die der tragisch verführten Unschuld hinter der Kitschfassade hervorzulocken." (Wolfgang Brenner)

Oder: "Zschokke handhabt die Mittel der Verfremdung nicht im Brechtschen Sinn, um den Zuschauer von der Emotion zum Nachdenken zu führen, sondern gerade umgekehrt: Indem er ihn zum Lachen bringt, spricht der Filmemacher die emotionale Ebene im Zuschauer an. Teils amüsiert, teils betroffen erlebt man ein Schicksal, das einem Stück Frank Wedekinds oder Ödön von Horváths entstammen könnte und doch gelebtes Leben bleibt..." (Gerhart Waeger)

Der Drehbuchautor und Regisseur selbst äußerte zu seinem Werk: "Edvige ist ein Film für Schauspieler, gegen den Trend zur Sprachlosigkeit, gegen den Film von nebenan, gegen den Film, den das Leben schrieb. Ein Film, in dem und über den ich lange nachdenken muß, eh ich ihn gut finde. Vielleicht ein Requiem, vielleicht ein ,Anderer Film', mindestens so bunt wie ein Film."





Matthias Zschokke erhielt für Edvige Scimitt als besten Spielfilm 1985 ein Jahr später auf der Berlinale den Preis der deutschen Filmkritik. In der Begründung zur Preisverleihung hieß es: "Die Jury würdigt damit ein Debüt, das sich durch eine ungewöhnliche Verknüpfung theatralischer und filmischer Mittel sowie durch eine hervorragende Behandlung von Licht, Farbe und Darstellung als souveränes Spiel zwischen Dokument und Fiktion auszeichnet."




EDVIGE SCIMITT - Ein Leben zwischen Liebe und Wahnsinn L (Land) BR Deutschland/Schweiz, J (Jahr) 1985, Drama, Musical, P (Produktionsfirma) Von Vietinghoff/ZDF/Xanadu, Länge: 90 Minuten, FSK: -, Erstaufführung: 6.2.1986/8.5.1987 3SAT/1997 Neustart Pd (Produzent) Georg Radanowicz, Joachim von Vietinghoff, R (Regie) Matthias Zschokke, B (Drehbuch) Matthias Zschokke, K (Kamera) Adrian Zschokke, M (Musik) Heiner Goebbels, S (Schnitt) Barbara von Weitershausen, D (Darsteller) Klaus Völker, Miriam Spoerri, Pia Weibel, Ingrid Kaiser, Fritz Schediwy, Wolfgang Michael


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