Es wird alles anders bleiben
Der erste Liebesroman der schwarzen Krimiautorin Valerie Wilson WesleyVielleicht hat Valerie Wilson Wesley dieses Buch vor allem deshalb geschrieben, um sich und ihren zahlreichen Fans zu beweisen, dass sie auch etwas anderes als Krimis kann. Jedenfalls hat die Afroamerikanerin nach vier Newark-Romanen mit der stets bankrotten, aber höchst lebensfrohen Tamara Hayle im Mittelpunkt einen ganz und gar unkriminellen Liebesroman geschrieben: Es wird alles anders bleiben (Diogenes Verlag, aus dem Amerikanischen von Gertraude Krueger, 423 Seiten, 44,90 Mark). Und siehe da: Wilson Wesley kann auch ohne ihre schwarze Privatdetektivin, die erste in der Literatur, auskommen.
Aus heiterem Himmel eröffnet der Bauunternehmer Hutch eines Freitags nachts seiner Frau Eva, mit der er seit zehn Jahren verheiratet ist: „Ich muss hier weg.“ Und packt kurz entschlossen den Koffer. Obwohl zunächst am Boden zerstört, begreift Eva, die sich als Bibliothekarin etwas dazuverdient, schon bald die neue Situation als Chance und denkt darüber nach, ihr Hobby, die Malerei, zum Beruf zu machen. In den folgenden Kapiteln erleben wir die verlassene Ehefrau, die in ihrem Kummer – pikant – bei dem Ex-Freund ihrer Tochter, dem Musiker Isaiah, Trost sucht.
Hutch, der bei seinem alten Freund Donald Mason Unterschlupf findet und nicht recht begreift, was er da eigentlich gemacht hat, kommt Donalds Ehefrau Raye näher, nachdem die entdeckt hat, dass ihr Ehemann, ein erfolgreichen Anwalt und Schürzenjäger sondergleichen, sein Vermögen per Testament der Verbindung Phi Omega Ki vermachen will.
Obwohl die Ehekrisen von Eva, Hutch, David und Raye im Vordergrund stehen, kommen auch die Irrungen der nachwachsenden Generation nicht zu kurz. Bei einem Joint tauschen sich Charley und Steven, die selbst noch auf der Suche sind, über die Bettgeschichten ihrer Eltern aus.
Wie in ihren Krimis, deren erster – Ein Engel über deinem Grab – 1994 in den USA erschien, versteht es die studierte Philosophin und Ex-Chefredakteurin des schwarzen Frauenmagazins „Essence“ auch in diesem Roman, eine packende Handlung mit einer subtil vermittelten Gesellschaftskritik zu paaren. Es ist die schwarze Mittelschicht, die die 1947 geborene Autorin im Blick hat, die erste Generation, „die so leben kann, wie es ihr gefällt. Die erste Generation, die über den Rand der Krabbentonne gucken kann, in die man uns gepfercht hat, und die sich nicht mehr von den Weißen in den Arsch treten lassen muss“, wie es Donald Mason formuliert.
Valerie Wilson Wesleys große Stärke ist es, die komplizierten Familienverhältnisse, in denen ihre Protagonisten leben, variantenreich durchzuspielen und dabei den gesellschaftlichen Hintergrund im Blick zu behalten und obendrein bei der Darstellung der amouröser Verwicklungen nicht an gewagten erotischen Details zu sparen. Wie bei ihrer Detektivin Tamara Hayle ist es auch in dieser Familiengeschichte nicht so sehr der Gegensatz der Rassen, der für Unruhe sorgt, als vielmehr der der Geschlechter.
Wenn nicht alles täuscht, ist Wilson Wesley dabei, ihrer mega-erfolgreichen Kollegin Terry McMillan (Endlich ausatmen), die sich wohl zu sehr auf die Single-Frau als Romanheldin konzentriert hat, das schwarze Publikum streitig zu machen.© 2001 Reinhard Helling
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