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, der Ende des Monats das Ergebnis anderthalbjähriger Vorarbeiten präsensiert: elf Bücher, „die die Welt aus der Perspektive des Meeres betrachten“, wie Hansen sagt.
Am Anfang stand Mare, die 1997 von Nikolaus Gelpke gegründete und im Jahr darauf mit einem Lead Award ausgezeichnete Zeitschrift der Meere. Inzwischen kann sich der bei den Nordlichtern gestrandete Schweizer Meeresbiologe über den Verkauf von regelmäßig 40000 Heften freuen, und rund eine Million Zuschauer schalten monatlich „Mare-TV“ ein. Warum also nicht einen Buchverlag vom Spapel laufen lassen, der auf der Erfolgswelle von „Mare“ mitschwimmt.
Der ideale Zeitpunkt für die Umsetzung eines solchen Vorhabens kam, als der mit Gelpke befreundete Weltumsegler Hansen im Juni 2000 nach knapp fünfjähriger Amtszeit als geschäftsführender Verleger bei Rowohlt ausschied. Da ihm die Idee gefiel und er keine anderen Pläne hatte, machte sich Hansen, der von 1988 bis 1995 Rogner & Bernhard Profil verliehen hatte, daran, Gelpkes Konzept zu überdenken. Bald war klar, dass „ein sehr weitgefasster Begriff von Meer“ Grundlage sein müsse. Also weder „Küstenverlag, noch ein Verlag für Segler oder die Freunde der Galionsfigur“.
Die Zuversicht, mit einem auf ein Thema fokussierten Verlag nicht baden zu gehen, basiert auf der Tatsache, dass „abgesehen von der Religion kein anders Thema so weltumfassend“ ist, sind doch „75 Prozent der Erdoberfläche von Wasser bedeckt“. „Das geht jeden an“, sagt Hansen.
Der raue Wind, der derzeit in der Branche weht, mache ihm keine Angst. „Gerade in Zeiten, wo andere Häuser dichtmachen oder fusionieren, wo von Entlassungen und Einsparungen gesprochen wird, macht der Start eines neuen Verlags neugierig“, sagt er. Überrascht hat ihn, dass seine Vertreter besonders viele Vorbestellungen aus Süddeutschland melden.
In seine sechsköpfige Mannschaft holte sich Hansen junge „hungrige“ Leuten, die er an allen Entscheidungen beteiligt hat. Zweiter Mann neben ihm im Lektorat ist Tim Jung, der von der Berliner Agentur Eggers & Landwehr an die Elbe gewechselt ist und gerade klar Schiff macht auf seinem Schreibtisch; er ist schon dabei, das zweite Programm vorzubereiten.
Verglichen mit dem Supertanker Rowohlt, bei dem Hansen 600 Titel im Jahr zu verantworten hatte, muss er sich als Kapitän des Mare Buchverlags wie am Ruder einer Jolle vorkommen. Und dies genießt er offensichtlich: Endlich wieder Arbeit am Text und direkter Kontakt zu den Autoren. Gerade hatte er Alfred van Cleef am Telefon, den Autor des Reisebuchs Die verirrte Insel, der sich über den Umschlag beschwerte: „Auf der Vulkaninsel Amsterdam über die ich geschrieben habe, gibt es keine Bäume.“ Hansen gibt ihm recht, überzeugt van Cleef  aber, dass Grün auf dem Umschlag besser verkauft als Felsgrau. Um solche Details kann sich nur kümmern, wer maximal zwei Dutzend Bücher im Jahr macht.
Im Sachbuch reicht das Spektrum von Abenteuer und Entdeckungen bis zu populärer Wissenschaft und Kulturgeschichte. Obwohl Hansen völlig unabhängig von „Mare“ operieren kann, liegt die Verbindung, die Gelpke aufzeichnet, auf der Hand: „In dem Buchverlag können die Geschichten auserzählt werden, für die in der Zeitschrift der Platz fehlt.“ Auch bei den Verhandlungen mit einem großen Taschenbuchverlag, in dem unter dem Label „Mare-TB“ pro Monat ein Buch erscheinen soll, geht es darum, „die Erfolgsmarke ,Mare‘ permanent zu reproduzieren“.
Wann immer er eine Besonderheit des Konzepts erläutern will, nimmt der Zweimetermann ein konkretes Buch als Beispiel. So will er die Arbeit der Übersetzer stärker als Urheber würdigen – und setzt deshalb ihren Namen auf dem Umschlag neben den Autor. „Für Charles Sprawsons Kulturgeschichte des Schwimmens etwa konnte ich John von Düffel als Herausgeber und Übersetzer gewinnen, für mich der Poet des Wassers schlechthin.“ Eine Besonderheit ist die Mare-Bibliothek. Hierfür wurde der Kritiker und Übersetzer Denis Scheck als Herausgeber gewonnen. Dessen Aufgabe ist es, zeitgenössischen Autoren Texte abzuluchsen, die irgendwie das Thema Meer behandeln. „Ich bin sicher, dass jeder Mensch irgendeine Geschichte über das Meer zu erzählen hat“, sagt Hansen. US-Kultautor David Foster Wallace, Antje Rávic Strubel (Unter Schnee) und Lyriker Robert Gernhardt haben schon geliefert; für das zweite Programm haben Louis Begley und Björn Larsson zugesagt.
 
 
 

© 2002 Reinhard Helling
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