Zu den
Waffen, Autor!
Kann man sich sogar
als Pazifist antun: Mit ãEmporiumÒ legt US-Autor Adam Johnson neuen explosive
Storys vor.
Von REINHARD
HELLING
In Zeiten, in denen manche BŸcher weltweit nahezu simultan erscheinen, muss man fast schon von einer Ausgrabung sprechen, wenn die MŸnchner Verlagsbuchhandlung Liebeskind Adam Johnsons ErzŠhldebŸt ãEmporiumÒ aus dem Jahr 2002 auf Deutsch anbietet. Es handelt sich dabei um neun Kurzgeschichten, die zuerst in Magazinen wie "The Paris Review", "Harper's Magazine" und "Esquire" erschienen sind. Der 1967 in South Dakota geborene Autor schreibt hauptsŠchlich Ÿber junge Leute, die auf ganz unterschiedliche Weise die Dimension des Hier und Jetzt Ÿberschreiten. Wie der fŸnfzehnjŠhrige PolizeischarfschŸtze Tim, der bereit ist, in Palo Alto mit dem Zielfernrohr alle MŠchte, die das Silicon Valley bedrohen, auszuschalten, aber nicht in der Lage ist, ein MŠdchen, in das er sich verguckt hat, anzusprechen. Oder die sechzehnjŠhrige Auddie, die unter dem militanten Gehabe ihres Vaters leidet und sich zu einem au§ergewšhnlichen Schritt entschlie§t. DurchgŠngige Motive von Johnsons sich zwischen Melancholie und KŠlte bewegenden Geschichten sind Schusswaffen, chemische Prozesse, die militŠrische Infrastruktur. Es wimmelt geradezu vor "PlatinzŸndkerzen", "Kruger Mark VI"-Gewehren und "DŸsenjetkugellagern". Die Betonung technischer Details entspricht sicher nicht jedermanns literarischem Empfinden, doch selbst auf Ÿberzeugte Pazifisten werden diese Storys dank ihrer Ÿberbordenden Phantasie und Ÿberraschenden Wendungen einen gehšrigen Reiz ausŸben.
(Adam Johnson: "Emporium". Storys. Aus dem Englischen von Peter Torberg. Liebeskind, MŸnchen 2010. 288 S., geb., 18,90 Euro.)
(Erschienen
in: ãFrankfurter Allgemeine ZeitungÒ,
11. November 2010)
© 2010 Reinhard Helling