04.04.2000 In
E-Mails gelten Rechtschreibung und Grammatik
nichts Salopper Umgangston verführt aber auch zu
übergroßer Offenheit
Chicago (AP)haben sie auch schon mal so eine e-mail
erhalen? - dann sind sie NICHT allein!!!!! :)
Die Kommunikation mittels elektronischer Post, kurz E-Mail,
wird immer informeller und auch nachlässiger, wie
Sprachexperten feststellen. In den E-Mails wimmelt es vor
Tippfehlern, die Grammatik scheint außer Kraft gesetzt zu
sein, es gibt die verschiedensten Kürzel, Großbuchstaben
fehlen oft völlig. Damit werden aber auch die Äußerungen
selbst immer freimütiger, was fatale Folgen für die Absender
der E-Mails haben kann. Dass elektronische Briefe in
Gerichtsverfahren verwendet werden, ist in den USA längst
keine Seltenheit mehr, wie auch der Prozess gegen den
Softwarekonzern Microsoft zeigte.
"Kein Student würde in das Büro seines Professors gehen und
ihm in schlechtem Englisch eine Frage stellen", sagt Kenneth
Brown von der Universität von Iowa. "Warum bekomme ich dann
aber genau solche E-Mails?" Brown redet regelmäßig mit seinen
Studenten über solche Briefe. Andere, wie die 28-jährige
Shonquis Moreno aus New York, die für eine Internetfirma
arbeitet und jeden Tag rund 30 E-Mails beantwortet, lieben die
Kleinbuchstaben. Das sei irgendwie intimer, nicht so
verknöchert, sagt Moreno. Auch Tippfehler berichtigt sie kaum
noch. "Ich glaube, man erkennt Tippfehler als Tippfehler und
hält sie nicht für Rechtschreibfehler."
Ende vergangenen Jahres gab es in den USA schon 335
Millionen E-Mail-Adressen, das ist statistisch gesehen mehr
als eine je Einwohner, wie das Magazin "Messaging Online"
berichtete. Innerhalb eines Jahres stieg ihre Zahl um 73
Prozent an.
Das sich inzwischen immer größerer Beliebtheit erfreuende
Instant Messaging, der Kurznachrichtenaustausch in Echtzeit,
hat die Konversation noch lockerer werden lassen, wie
Internetexperten feststellen. Aber selbst sie raten dazu, auf
falsche Schreibweisen und Grammatikfehler zu achten. "Im Web
wird man nicht nach seiner Hautfarbe, nach Haaren, Gewicht,
Alter oder Kleidung beurteilt", sagt Virgina Shea in ihren
Regeln zur Netiquette, dem richtigen Verhalten im Internet.
"Man wird aber sehr wohl nach der Qualität seines Schreibens
beurteilt."
E-Mails gründlich überprüfen, rät daher Eric Arnum,
Herausgeber von "Messaging Online", aber nicht nur auf
Schreibfehler, sondern auch auf missverständliche Wörter.
"Wenn man schneller schreibt als man denkt, besteht die
Gefahr, dass man mehr als nur Irritationen auslöst", sagt
Arnum und verweist auf die im Microsoft-Prozess vorgelegten
E-Mails, die gegen den Konzern verwendet wurden.
Aber Gegner und Anhänger des saloppen Umgangstons im
Internet werden sich wohl nie einig werden. Während die einen
die Regelverstöße nur für einen Beleg dafür halten, dass die
Urheber keine zehn Wörter richtig schreiben können, loben
andere die Kurzformen als absolute Zeitersparnis. Auch Brown
räumt ein, dass einige Abkürzungen den Ton etwas lockerer
machen können, wenn der Ansprechpartner dies denn versteht.
Trotzdem ermahnt er seine Studenten immer wieder, auf
Grammatik und Rechtschreibung in ihren E-Mails zu achten. "Das
ist ihre Visitenkarte", sagt Brown, "danach werden sie
beurteilt."
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