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1. "Am Anfang war das Wort"

Diese Geschichten sind für alle Leute, die irgendwie gegen das Böse und die Bösen kämpfen, egal ob nur theoretisch (wie Studenten, Wissenschaftler und Künstler), praktisch (wie Journalisten, Detektive und Anwälte) oder bewaffnet (wie Polizisten, Soldaten und Revolutionäre).

Auf dem Parkplatz von der Hill Valley High School war die Hölle los. Biff, der übelste Schläger der ganzen Stadt, hatte George McFly im Griff. Der Junge hatte eindeutig keine Chance gegen ihn. Und jetzt war er da auf dem Parkplatz, und es ging ihm so dreckig wie noch nie in seinem Leben wie jetzt, wo Biff gerade langsam seine rechte Hand zerquetschte. Und Gideon hockte jetzt auf seinem Platz, sagte nix, machte nix, schaute nur zu, mit einer Sauwut auf Biff, und wartete nur darauf, dass irgendwer dieses Schwein endlich niederschlug.

"Biff!" Das war Lorraine Baines. "Du zerdrückst ihm noch den Arm!"
Was anderes konnte man von dem Arschloch auch nicht erwarten. Aber jetzt kam Lorraine aus ihrem Auto raus und versuchte, Biff wegzuziehen. Daraus wurde aber nix.
"Was soll denn das werden, Süße?" Biff hielt mit einer Hand weiter George fest, und mit der andren schob er sie einfach weg. Sie fiel hin, auf den harten Boden, und Biff, der hirnlose Arsch, fing an, sich auch noch einen abzulachen. Gideon hielt es fast nicht mehr aus, und wenn er jetzt original dagewesen wäre, hätte er sich mit Biff angelegt, scheißegal was kommt.

George hing immer noch in Biffs Griff da und konnte nix machen, aber er hatte schon mitbekommen, was da los war. Und spätestens jetzt bekam er auch eine Scheißwut. Lorraine merkte gar nix, und Biff, die Sau, lachte immer noch wie blöd, aber Gideon sah genau, wie George ganz langsam, ohne groß zu denken, seine linke Hand zusammenballte, und dann ausholte und einfach losschlug.

Es war ein perfektes K.O. Biff fiel sofort um, und George stand daneben und verstand irgendwie immer noch nicht, wie er das jetzt gemacht hatte. Lorraine stand wieder auf, von überall kamen auf einmal Leute her und checkten auch nicht, wie sowas ging, dass ausgerechnet George Biff niedergeschlagen hatte, und die Schwarzen von der Band hatten inzwischen Michael J. Fox aus dem Kofferraum befreit, und er konnte jetzt auch mitkriegen, was los war. Und Gideon in seiner Bude konnte jetzt wieder ganz locker rumhängen. "Zurück in die Zukunft" lief zwar noch ungefähr eine Stunde, aber für ihn war die beste Szene schon vorbei, und sie war so genial, wie als er den Film zum ersten Mal gesehen hatte.

Um halb zwölf war das Video zu Ende, und Gideon packte so langsam seine Sachen für die Uni zusammen und ging dann los zur Bushaltestelle. Es war noch etwas zu früh für die Cafeteria; zwanzig Minuten oder so hatte er schon noch Zeit, um ein bisschen kostenlos zu lesen.

Etwas später war er da. Im Dizengoff-Center war wieder ewig viel los, halt so wie immer. Gideon ging in irgendeinen Zeitschriftenladen und nahm sich eine "Jerusalem Post". Das musste schon sein. Mal sehen, was es heute so gab.
"Hey, endgeil!" Lukas hatte ein Heft mit einem Bericht über die Spice Girls erwischt. Das war's, was er und Josef die ganze Zeit gesucht hatten.
"Zeig mal! Boah!" Gideon schaute auch hin. Die zwei Typen standen vielleicht zwei Meter von ihm weg. Zu nah. Und wenn er ihnen jetzt sagen würde, 'Entschuldigt Leute, ich will hier was lesen, das ist ziemlich wichtig für mich', würden sie sich bloß blöd angemacht vorkommen.
"Ja Wahnsinn!!" Das war Josef. Gideon legte die Zeitung wieder hin. Der Artikel über die neuesten Fachbücher war vielleicht ganz interessant, aber solange die zwei Spack Girls-Fans hier rumhingen, wurde nix daraus. Er musste heute eh noch in die Uni-Bücherei, dort würde es schon noch eine "Post" geben.
"Die sind einfach zu geil!"
'Tja, so geht's heute zu im heiligen Land', dachte Gideon noch, als er abhaute. Die zwei Penner nervten ihn einfach zu sehr. Und Lukas und Josef waren immer noch bei den Spice Girls und hatten gar nix von ihm gemerkt.

Gideon kam in die Cafeteria rein und schaute kurz auf den Speiseplan. Dienstag, also heute, sollte es Schisch-Kebab geben. Soweit nicht schlecht. Aber wie er weiterging, merkte er auf einmal, dass auf dem Monitor von wegen Essen für heute etwas von "Rindfleisch und Gemüse" stand.
'Wissen die Idioten in der Küche wieder mal selber nicht, was bei ihnen los ist!' dachte sich Gideon. Es war ungefähr das fünfhunderste Mal, seit er an der Uni war, dass sowas passierte. Und wie er dann an der Essensausgabe war, sah er dann, dass es heute Spagetti mit Tomatensoße gab, die die Leute von der Küche noch nie so hinbekommen hatten, dass sie auch nach was schmeckten. Heute ging wohl alles schief.

Dann wollte sich Gideon wenigstens noch eine Cola gönnen. Er ging so zum Automat, warf schon mal Geld ein - und sah, wie der größte Party-Freak von der ganzen Uni ankam. Er kannte David noch von der Schule her; jetzt machte er, soweit Gideon Bescheid wusste, irgendwas mit Englisch, ganz nach dem Motto, Fach ist scheißegal, Hauptsache, es gibt massig Mit-Studentinnen, und sonst feierte er bei jeder Gelegenheit eine Party, wenn er mal ein paar Stunden Zeit übrig hatte.
"Shalom Gideon! Was geht ab?"
"Danke, kann mich soweit nicht beklagen, jetzt mal abgesehen vom Essen natürlich." Das dachten jetzt so ungefähr alle Leute hier drin. "Shalom übrigens."
Jetzt musste David mit den neuesten Storys aus der Uni kommen. "Hast du schon gehört, mit wem die Miriam jetzt neuerdings zusammenhängt?"
"Nein. Irgend jemand, den wir kennen?"
"Irgendein Typ, hier von der Uni. Er will den Kriegsdienst verweigern!!!"
"Ach? Und aus welcher Gerüchteküche hast du das?" Miriam mit einem Kriegsdienstverweigerer? Die Frau konnte sich doch ein Leben ohne Wehrübung jedes Jahr gar nicht vorstellen.
David wusste eigentlich auch nix weiter darüber, also ließ er es sein und redete einfach über was anderes weiter. "Dienstag Abend am Strand geht die Trance- Party! - Hast du Interesse?"
"Dienstag Abend? Okay, da hätte ich Zeit. Glaubst du, dass die Bullen euch diesmal ausnahmsweise feiern lassen?" Irgendwie war es schon pervers: Immer, wenn ein paar Leute irgendwo in Israel eine Trance-Party aufziehen wollten, kamen sie gleich an und verhafteten den DJ, und aus war's.
"Solang du's ihnen nicht weiterverrätst..." David grinste sich eins. "Fahr einfach zur Ha'aliyya Ha-Sheniyya raus, und dann einfach der Musik nach. - Und wie läuft's sonst so?"
"Öh... nix besonderes, ich arbeite halt für meine Klausuren und so."
'Frag jetzt bitte bloß nicht weiter...', dachte Gideon. Diesmal hatte er ausnahmsweise Glück.
"Okay, dann bis zur Party, shalom!" David machte sich schon bereit zum Abhauen. "Übrigens, der Automat geht nicht!"
Gideon drückte auf die Taste für Coca-Cola - nix. Dann die Geldrückgabetaste - keine Reaktion. Heute ging echt alles schief.
So um fünf fuhr er dann wieder zurück in die Rehov Sheinkin. Der Bus war wieder so voll, es war wie eine Sex-Party mit Kleidern. Ein paar fette Hausfrauen, viele Studenten, viele Leute, die von der Arbeit kamen, ein paar Palästinenser, und ein paar Soldaten, eben typisch Bus in Tel Aviv.

Zu Hause machte er sich dann wieder mal an seine Abschlussarbeit für die Uni. Er hockte sich an den Computer (der war schon an), und machte die Datei auf:

"Eine Kritik der Kabbala

Gideon Kishon".

Erstmal überflog er den Text nochmal: Den Teil über Kabbala, dann über Numerologie... Er blätterte wirklich nur so durch, aber er bekam trotzdem alles mit. Immerhin hatte er das selbst geschrieben.

"In der Numerologie steht jeder Buchstabe eines Namens oder eines Wortes gleichzeitig für eine Zahl: Auf Hebräisch ist Aleph=1, Beth=2, usw. (Tabellen nächste Seite.) Die Numerologen sagen, dass es einen Zusammenhang zwischen Wörtern und Namen mit demselben Wortwert gibt..."

Er hatte die richtige Stelle gefunden. Dann tippte er ein paar neue Sachen ein, die er sich seit dem letzten Mal ausgedacht hatte: "Wenn man nach den Regeln der Numerologie verschiedene Wörter untersucht, kann man eigentlich überall einen Zusammenhang finden, auch wenn es gar keinen gibt, egal welche Wörter und Namen man nimmt. Ein paar Beispiele: Nach der hebräischen Wortrechnung hat der Name 'Schwarzenegger' den Wortwert 91, denselben wie die Namen..."

Gideon brachte noch ein paar Beispiele mit anderen Namen, dann machte er Schluss für heute. Er brauchte doch noch ein paar Sachen zum Weiterschreiben. Ein paar gute Beispiele, warum an der Kabbala und so weiter nichts dran war.

Im Laden von dem alten Baruch Abramski klingelte das Telefon.
"Antiquariat Abramski, shalom?"
Der Typ am Telefon machte es nicht ganz verständlich - außer für Kabbala- Experten, und der alte Baruch war einer. "Shalom, Abramski, hör gut zu: Ich werde dich nach Yetzirah bringen, wenn du nicht tust, was ich sage!"
Seine Stimme war echt eiskalt, und der alte Baruch kam sich ungefähr so vor wie bei einem Verhör mit einem Nazi-Offizier.
"Was wollen Sie von mir?" Mehr fiel ihm nicht ein, aber er hatte einfach eine mordsmäßige Angst im Moment.
"Ich weiß, dass du ein Buch über Kabbala geschrieben hast, und ich möchte es dir abkaufen."
"Das Buch ist nicht zu verkaufen!" schimpfte der Alte. Er war jetzt glatt heiser vor Aufregung.
"Hör zu, Alter, wenn ich wollte, könnte ich dich töten, und verhindern, dass irgend jemand etwas erfährt von dem, was du geschafft hast. Aber ich biete dir trotzdem 5000 Schekel für das Buch, wenn du versprichst, niemandem etwas davon zu erzählen - damit du siehst, dass ich einen alten Mann nicht bestehlen will. Einverstanden?"
"Dieses Buch ist mit Geld nicht zu bezahlen, und das wissen Sie auch!" Baruch konnte es einfach nicht fassen. "Mit diesem Buch kann ein Mensch mehr erreichen, als die meisten auch nur zu träumen wagen!"
"Und das ist auch genau der Grund, warum ich dieses Buch haben will!" erklärte der Typ mit der Nazi-Offizier-Stimme. "Morgen um acht schicke ich den jungen Benjamin vorbei, und du wirst ihm das Buch geben, sonst komme ich selbst vorbei, und dann wirst du dich nicht mehr widersetzen können, shalom!"
Nach dem Gespräch musste sich Baruch erst einmal hinsetzen...

Einen Tag später, pünktlich um acht kam dann Benjamin an, ganz in Schwarz, in langem Mantel, Hut und Bart. Der alte Abramski war nicht gerade der große Fan von den Chassidim, und das beruhte auf Gegenseitigkeit. Wahrscheinlich dachte sich der kleine Chassid jetzt auch irgendwas "nettes" über den alten Schegez.
"Shalom, Reb-Abramski", machte Benjamin extra auf höflich. "Mein Name ist Benjamin. Haben Sie das Buch da?"
"Ich werde das Buch nicht hergeben!" machte ihm der Alte klar.
"Dann werde ich hier warten, bis Menachem kommt und es sich selber holt." meinte Benjamin. Und dann stellte sich der kleine Chassid im Laden hin, machte weiter nix und ging dem alten Baruch auf die Nerven. Jetzt war er einfach zu alt, um noch irgendwas zu machen; aber früher wäre ihm schon etwas eingefallen...

Nach dem Frühstück fand Gideon, dass es mal wieder Zeit war, bei dem alten Schegez vorbeizuschauen. Vielleicht hatte er ja was für ihn da. Er fuhr hin und ging rein. Der Alte stand wie immer hinter seinem Ladentisch; und davor stand irgendein Typ, den Gideon noch nie gesehen hatte, der aber ganz so aussah, als ob er glatt an der Lage wäre, Israels blödesten Premierminister wieder zu wählen, der, der den Frieden mit Arafat versaut hatte.
Als Gideon zur Tür reinkam, wusste der alte Baruch sofort: Das hier war seine Chance. Jetzt musste er nur noch irgendwie Benjamin dazu bringen, kurz zu verschwinden...
"Shalom, Gideon!" grüßte er. "Wusstest du, dass unser neuer Rabbi hier sieben Tage in der Woche fastet?"
Gideon hörte den Witz jetzt schon so ungefähr das tausendste Mal, aber er hatte auch nix dagegen, den Chassid ein bisschen zu verarschen.
"Das stimmt nicht, ich habe ihn nämlich rein zufällig essen gesehen!" Mit alten jüdischen Witzen kannte er sich aus, er war oft genug in dem Laden gewesen.
"Das tut unser Rabbi nur aus Bescheidenheit, damit keiner merkt, dass er fastet", meinte der Alte, und er spielte den ganz ernsthaft tiefgläubigen Spinner wirklich gut. Der Mann hatte einfach schon siebzig Jahre Erfahrung im Witzereißen.
"Wir haben jetzt auch einen Rabbi, der ist so fromm, dass er jeden Tag mit Gott redet", machte Gideon weiter. Wenn ihn der Alte schon drauf brachte...
"Und woher weißt du, dass er die Wahrheit sagt?" fragte der Alte zurück.
"Wird Gott mit einem Lügner reden?" Gideon machte ganz auf todernst und schaute Benjamin zu, der langsam sauer auf die Zwei wurde.
"Kannst du mir sagen, was die größte Lüge der Welt ist?" Das war wieder der alte Schegez, und Gideon war schon etwas überrascht, wie weit er noch gehen wollte. "Der Messias wird kommen", antwortete er.
"Nein", gab Baruch zurück. "Die Toten werden auferstehen!"
Der Ultra-Ortodoxe wurde richtig wütend. "Hört auf! Gott kann euch hören!"
Und die zwei sagten ihm ganz ernsthaft: "Du hast gewonnen!"
Und Benjamin drehte sich um und verzog sich in die letzte Ecke vom Laden, damit er sich diese "Lästerungen" nicht weiter anhören musste. Gideon schaute ihm nach und grinste sich eins. Aber der Alte hatte jetzt schon mehr im Kopf als alte Witze. Er machte schnell die eine Schublade unterm Tisch auf und nahm das Buch heraus. Jetzt musste es schnell gehen.
"Gideon!" Der Alte zeigte ihm ein Buch im Ledereinband. Es schien ziemlich wertvoll zu sein, obwohl's noch ziemlich neu aussah. "Ich glaube, du wirst es für deine Arbeit brauchen können."
Gideon schaute schnell nach dem Titel, aber das Buch hatte keinen. Irgendwie merkwürdig.
"Es kostet 1000 Schekel, aber dir würde ich es auch für weniger verkaufen", schlug der Alte vor. Hoffentlich entschied sich Gideon langsam. Wenn der kleine Chassid zurückkam, war alles aus.
"Ja, es klingt schon interessant. Leider hab' ich im Moment nur... 300 Schekel."
"Das ist in Ordnung." Baruch zeigte auf Gideons Rucksack. "Besser, du tust es in deinen Ranzen."
Er wusste bloß nicht, ob der Junge damit klarkommen würde. Aber eigentlich war er ja nicht gerade blöd. Gideon holte inzwischen seinen Geldbeutel raus. "Okay, hier sind die 300... halt, da fällt mir was ein."
"Was?!" Der alte Baruch war jetzt fast in Panik, denn ausgerechnet jetzt sah es ganz so aus, als ob Benjamin zurückkommen würde.
"Ich brauch noch mindestens 50 Schekel, ich bekomm erst wieder übermorgen Geld", erklärte Gideon. "Tschuldigung, aber... es geht nicht anders."
"Du kannst den Rest später vorbeibringen." Eigentlich war es Wahnsinn: Für den Preis war das Buch eigentlich geschenkt. Aber anders ging's nicht. Gideon legte das Geld hin.
"Pass auf das Buch auf!" Der Alte schob das Buch in Gideons Rucksack. Gerade rechtzeitig, denn genau jetzt kam Benjamin zurück und konnte alles mitkriegen, was hier los war. Aber jetzt sah er auch nur noch, wie Gideon wegging und Meister Baruch "Shalom" sagte.
Der Alte war sich aber noch nicht sicher. "Es tut mir leid, dass ich nichts für dich da hatte", sagte er so laut, dass Gideon garantiert nichts verstand. Bloß Benjamin bekam es mit.
"Tschuldigung, was?" Gideon drehte sich nochmal um.
"Nichts weiter!" Der Alte winkte mit der Hand, nach dem Motto, 'Geh endlich!' Und Gideon ging weg, mit dem Buch im Rucksack, und stieg dann einfach in den Bus zur Tel Aviver Universität.

Nach der Cafeteria fand Gideon, es war mal wieder Zeit, bei der Vorlesung über die hebräische Literatur im Mittelalter vorbeizuschauen. So um zwei Uhr sollte sie sein. Er war etwas zu früh da und stand jetzt etwas blöd rum. Und Dana sah ihn da zuerst.
"Hey, ist das nicht dein Freund?" meinte sie zu Schulamith. Die schaute auch hin, sah, dass er es war, und nickte. Sonst nichts.
"Wie ist er eigentlich so?" wollte Dana weiter wissen. Das war eine gute Frage. Eigentlich wusste Schulamith da auch nicht so genau Bescheid. Alle Leute, die Gideon irgendwie genauer kannten, kamen bei ihm nicht ganz mit.
"Er ist ja schon ganz nett, aber irgendwie komisch..."
Jetzt schaute Gideon gerade wieder zufällig in ihre Richtung und sah sie. Er lächelte sie nett an, aber irgendwie sah er leider trotzdem nicht aus wie Mister Israel. "Shalom Schulamith!"
"Shalom Gideon! Wie läuft's?"
"Och, geht so. David hat mich zu 'ner Trance-Party heute Abend eingeladen."
"Und, gehst du hin?"
"Vielleicht, wenn ich sonst nichts zu tun hab. Bei dir alles okay?"
"Ja, danke. Und was machst du sonst so? Ich meine, was studierst du? Ich seh' dich in letzter Zeit nicht mehr so oft in der Vorlesung."
'Langsam muss ich mir eine gute Ausrede einfallen lassen...', dachte sich Gideon.
"Ich... arbeite jetzt viel an meiner Abschlussarbeit. Bin eigentlich ständig am Nachforschen."
Jetzt wusste Schulamith eigentlich genausoviel wie vorher, aber es war wohl besser, nicht groß nachzufragen. "Gehn wir rein."
Sie gingen rein und hockten sich in die Bänke. Nach ein paar Minuten kam auch Professor Goldblatt an, und die Vorlesung konnte losgehen.
Gideon checkte ziemlich schnell, dass ihm die Vorlesung nichts Neues brachte. Eigentlich hätte er die Stunde mit Schulamith zusammen ganz gemütlich angehen können, aber leider schrieb sie den Stoff mit. Und jetzt hatte sie's auch gemerkt.
"Schreibst du nicht mit?"
"Nein, nur die Sachen, die ich noch nicht kenne", sagte Gideon.
Es war zwar peinlich, jetzt einfach so abzuhauen, aber Gideon hielt einfach nix mehr hier.
"Ich muss jetzt leider los", flüsterte er ihr schnell. Sie checkte zwar nicht, was das jetzt sollte, aber egal. "Okay, dann bis später."

Und Gideon ging rüber zur Uni-Bücherei. Rebekka hatte gerade mit den neuen Büchern zu tun.
"Shalom, Rebekka!" Gideon kannte alle Leute in der Bücherei. "Hast du ein paar neue Bücher für mich da?"
"Du meinst, über Kabbala? Die hab ich schon einsortiert. Schau mal dort drüben."
Er schaute sich die Bücher mal an. Die meisten kannte er schon, aber eins war neu: "Die Kabbala und der Lebensbaum der zehn Sephiroth. Eine praktische Anwendung für das tägliche Leben."
'Absoluter Schwachsinn!' dachte Gideon. 'Das ist genau das, was ich gesucht habe!'
Er hockte sich hin, blätterte das Buch schnell mal in einer halben Stunde durch und kopierte sich dann noch ein paar Seiten raus.
Rebekka hatte ihm zugeschaut. Und jetzt wollte sie ein bisschen mehr wissen.
"An was arbeitest du eigentlich die ganze Zeit?"
"Weißt du, was Kabbala ist?" fragte er vorsichtig. Er wollte nicht gleich alles verraten.
"Natürlich, eine etwas mystische Auslegung der Thora."
"Und findest du, dass Kabbala wichtig für unsere Religion ist?"
"Nein, nicht unbedingt."
"Also - meinst du vielleicht, dass man auf die Kabbala auch verzichten könnte?"
"Eigentlich schon", meinte Rebekka.
"Glaubst du wirklich nicht, dass sie doch irgendwie - nützlich sein könnte?" fragte Gideon weiter.
"Nein, sollte ich das?" Rebekka fragte sich langsam, was das sollte.
"Okay, dann kann ich's dir ja sagen." Gideon atmete auf. "Es ist so: Ich studiere das alles seit einem Jahr. Aber ich will eigentlich in meiner Abschlussarbeit zeigen, dass in Wirklichkeit gar nichts da dran ist! Kabbala bringt uns nichts!"
Dann fuhr er wieder zurück.

Ein paar Stunden später klingelte das Telefon.
"Gideon Kishon, shalom?"
"Shalom, Gideon!" Es war seine Mutter.
"Oh, shalom, Mamme." Gideon stellte sich hin und nahm schon mal seinen Rucksack ab.
"Wie geht es dir? Was machst du?"
"Danke, soweit ganz gut. Heute Abend bin ich auf einer Party. David hat mich eingeladen."
"Arbeitest du auch für die Universität?"
Jetzt fiel Gideon das Buch wieder ein, und er holte es schnell aus dem Rucksack.
"Natürlich, Mamme."
"Sag nicht immer nur, dass du arbeitest! Mach es auch wirklich!"
Langsam fing sie ihn an zu nerven. "Doch, ich arbeite wirklich! Du kannst mir schon glauben, ganz im Ernst!"
'Und dabei weißt du gar nicht, wie ernst es wirklich ist, was ich mache', dachte er sich.
"Gideon, du weißt doch, ich mache mir nur Sorgen, ob auch bei dir alles in Ordnung ist!"
"Ja, Mamme! Ich muss jetzt Schluss machen, ich sitz nämlich gerad an meiner Abschlussarbeit! Shalom!"

Er legte auf und hockte sich an den Schreibtisch. Dann machte er das Buch auf, und jetzt war er schon etwas überrascht: Das Buch war nicht normal gedruckt, sondern mit der Hand geschrieben. 'Der alte Abramski muss ja ewig gearbeitet haben', dachte sich Gideon.

Dann blätterte er etwas in dem Buch. Viele Seiten waren noch ganz leer. Auf ein paar Seiten klebten Zettel, auf denen war die Schrift teilweise so hingeschmiert, dass man wirklich raten musste, ob das noch Hebräisch war, und dann waren immer wieder ein paar Seiten ganz deutlich geschrieben; jedenfalls sah es so aus, aber Gideon merkte ziemlich schnell, dass der Alte irgendeine Geheimschrift benutzt hatte. Bilder gab's keine in dem Buch, nur ein paar hingekritzelte Zeichnungen. Er gab zu: Das Buch war nicht ganz normal. Er blätterte noch eine Seite weiter. Jetzt stand gerade wieder ausnahmsweise ein verständlicher Satz da. Und Gideon las:

"Die vier Welten der Kabbala: Atziluth, Briah, Yetzirah und Assaiah." Das war so oben an den Rand über den unlesbaren Text geschmiert. Vielleicht wollte der Alte so den Überblick über sein Chaos behalten.
'Cool! Ich versteh halt überhaupt nix!'
Gideon ärgerte sich schon etwas: 250 Schekel für ein Buch, das kein Mensch verstand, außer dem alten Abramski, war doch ein bisschen viel.
Aber dann wollte er doch wissen, worum's jetzt in dem Buch eigentlich ging. Vielleicht schaffte er's ja doch, irgendwie durchzusteigen. Mit Geheimschriften und Kryptologie kannte er sich immerhin einigermaßen aus.

Erstmal schrieb er so eine halbe Seite vom Text ab, damit er alles besser überschauen konnte. Und jetzt sah er schon mal soviel: Der Text war halb auf hebräisch, halb auf aramäisch, und zwischendurch zur Abwechslung auch mal lateinisch. Es gab keine Satzzeichen, keine Vokalzeichen, und von jedem Wort standen bloß ein oder zwei oder drei Buchstaben da. Was Gideon da hatte, sah so aus:

I' h he Bl n Y g'w I TA w grs Mo + i' h m T'o a'g'se I' h m knz + al g'se W Mo pas is + w Op i an W hi'st I' gl Dä h m g'se I' ms m m' Kab v in v'st

Jz b'gn m Eri sc z v'bl Ab i' wß n ma k tts v I. js i an W'n (A, B, Y) se + wo a no me Dz g'h Wh / s! v Gl + K is Schl Ab sl a an We gb (Näc M MP)

Dann fing Gideon an, mal so herumzuprobieren. Er musste eigentlich ständig raten, aber am Ende war er nach einer halben Stunde doch so weit gekommen:

"Ich habe heute (den) Blick nach Yetzirah gewagt. In Tel Aviv war (ein) grausamer Mord, und ich habe mir (den) Tatort angesehen. Ich habe mich konzentriert und alles gesehen. Wie (der) Mord passiert ist, und wie (das) Opfer in (die) andere Welt hinabstieg. Ich glaube, (die) Dämonen haben mich gesehen. Ich muss mich mit (der) Kabbala vor ihnen verstecken.

Jetzt beginnt meine Erinnerung schon zu verblassen. Aber ich weiß nun, man kann tatsächlich von I. jenseits in andere Welten (A, B, Y) schauen, und wohl auch noch mehr. Dazu gehört Weisheit oder sehr viel Glück, und Kabbala ist (der) Schlüssel. Aber (es) soll auch andere Wege geben. (Nächstes Mal MP.)"

A, B, und Y sollten wohl Atziluth, Briah und Yetzirah heißen, aber warum der Alte Assaiah mit I abkürzte, da hatte er keine Ahnung. Und was MP heißen sollte, checkte er auch nicht.

Dann blätterte er weiter. Jetzt konnte er immerhin manchmal ungefähr raten, was auf den Zetteln stand. Mehr aber auch nicht.

Langsam fing Gideon an, einzuschlafen. Er hatte keine Ahnung, wie spät es war, aber es war spät. Aber er wollte noch nicht aufhören.

Inzwischen hatte der alte Abramski Besuch von Menachem bekommen.
"Ich gebe dir noch eine Chance! Sag uns, wo das Buch ist!"
Das war ernst gemeint. Aber der Alte blieb bis zum Schluss noch ganz ruhig.
"Ich weiß es nicht."
"Hast du das Buch an jemanden weitergegeben?"
"Was für ein Buch?"
Es reichte Menachem. Noch weiter wollte er sich nicht verarschen lassen. Er packte den alten Abramski am Hals.
"Sagst du uns jetzt, wo das Buch ist?"
Aber der Alte dachte gar nicht daran.
"Wir werden dich vor Gericht bringen." Menachem wollte ihm Angst machen. "Wir können dir jedes Verbrechen anlasten, das wir wollen."
"Damit müsst ihr euch ja auskennen", meinte der Alte.

Es hatte keinen Sinn, mit dem Alten so weiterzumachen. Sie durchsuchten die ganze Wohnung und den Laden. Am Ende fanden sie dann nur in der Küche einen großen Topf voll Asche. Der Alte hatte tatsächlich seine ganzen Papiere verbrannt.

Dann verschwanden sie wieder, ohne das Buch oder sonst etwas, was sie brauchen konnten. Aber den Alten nahmen sie mit.

"Liegst du immer so vor deiner Tür rum?"
"Was?" Gideon machte die Augen auf und sah einen Typ aus irgendeiner Wohnung über ihm. Er sah aus wie einer von den Typen aus dem Joseph- Kassierer-Institut für Wirtschaftswissenschaften, ein echter Yuppie-Typ mit Handy und teurem Anzug halt.
"Ich hab dich gefragt, ob du immer so vor deiner Tür rumliegst", machte der Typ extra auf arrogantes Arschloch. Dann zog er ab, so musste sich Gideon nicht weiter über ihn aufregen.
'Das muss ja die Wahnsinnsparty gestern gewesen sein!' dachte Gideon. 'Ich kann mich an nichts mehr erinnern.'
Er machte die Tür auf und ging rein. Und jetzt fiel ihm auch was auf.
'Halt!' überlegte er. 'Wenn ich auf der Party war - warum ist dann meine Tür auf? Und wenn ich hier war - warum lieg ich vor der Tür rum?'

Menachem hatte Benjamin an ihren geheimen Treffpunkt bestellt. Nach dem, was gestern los gewesen war, verstand er jetzt keinen Spaß mehr.

"Ist irgend jemand außer dem Alten im Laden gewesen, als du da warst?"
"Nein... nur ein Student", antwortete Benjamin.
"Ein Student?!" Menachem hatte keine gute Laune mehr. "Hat er mit dem Alten über etwas geredet? Und bist du dir sicher, dass er Student ist?"
"Ja, er hatte ein T-Shirt von der TAU an", antwortete Benjamin schnell.
"Und über was haben sie geredet?"
"Sie... haben sich Witze erzählt." Das war ganz schön peinlich für Benjamin. Wie er sich verzogen hatte, hatte er natürlich nix dabei gedacht, aber Menachem war da wohl anderer Meinung.
"Hat ihm der Alte etwas gegeben? Ein Buch vielleicht?"
"Ich... ich weiß es nicht. Vielleicht", gab Benjamin zu.
Menachem fragte nix mehr. Der Alte hatte ihn wirklich sauber reingelegt.
"Und was soll ich jetzt tun?" fragte Benjamin, vorsichtig.
"Geh raus, du Chammer!" Menachem explodierte fast, und Benjamin verschwand schnell. Das war auch besser für ihn.

Menachem dachte nach, was er jetzt machen sollte.

Und Gideon hockte inzwischen in der Cafeteria bei einer Cola und wusste immer noch nicht, was jetzt los war.

"Shalom, Gideon!" Das war wieder der Party-Typ.
"Shalom, David! Bist du echt so früh schon auf?" Das war ganz klar eine Anspielung auf die Party, die wahrscheinlich wieder ewig gedauert hatte. Gideon wusste schon, dass er nach dem Motto lebte: 'Eine Klausur kann man wiederholen, eine Party nicht.'
"Ja, ich wollte halt die Uni nicht verpassen", grinste David. "Und wie läuft's bei dir so?"
Das war die Gelegenheit für Gideon.
"Ich hab eine wichtige Frage: War ich jetzt gestern auf deiner Party? Weißt du das zufällig?"
"Ob du gestern auf der Party warst? Nein, ich hab' dich jedenfalls nicht gesehen. Hast du's vergessen?"
"Tut mir leid, aber ich weiß einfach nicht mehr, was ich letzte Nacht eigentlich gemacht hab", meinte Gideon. "Deswegen frag ich ja."
"Dann weiß ich auch nicht." David kam sich irgendwie verarscht vor. Und Gideon war auch genauso schlau wie vorhin.

Den Rest vom Tag brachte er irgendwie so rum, ohne dass noch irgendwas besonderes los war.

Inzwischen hatte Menachem nachgedacht. Der Student, von dem er immer noch nichts wusste, war wohl am Chaim-Rosenberg-Institut für jüdische Studien. Es musste eigentlich so sein; die Leute, die Physik, Französisch oder Volkswirtschaft studierten, interessierten sich wahrscheinlich nicht besonders für Kabbala.

Am besten war's wohl, wenn er Benjamin allein in die Uni schickte. Es reichte ja schon, wenn er den Student wiedererkannte.

Und er hatte diesmal Glück: Zufällig hing gerade im Institut ein Poster herum, auf dem Gideon auch drauf war, und Benjamin konnte sich noch ganz gut an ihn erinnern. Er sagte Menachem (über Handy) Bescheid, und der rief schnell mal bei der Uni-Verwaltung an und sagte der Sekretärin, sie sollte Benjamin, wenn er kommen würde, den Studenten auf dem Foto heraussuchen.

Ein paar Minuten später rief Benjamin zurück. Menachem hatte nur zwei einfache Fragen.
"Wer ist das auf dem Foto?"
"Er heißt Gideon Kishon!"
Menachem merkte sich den Namen. "Und was studiert er?"
"Hebräische Literatur!" Das war auch schon alles, was Menachem wissen wollte.
"Wir müssen herausfinden, was mit ihm los ist!" Er legte auf.

Ungefähr um drei Uhr nachts wachte Gideon auf, weil er irgendwas gehört hatte. Und jetzt war nichts mehr. Erst wollte er sich wieder hinlegen, aber dann machte er doch das Licht an.

Das Zimmer war ein einziges Chaos. Abgesehen von dem Bett waren alle Sachen kaputt geschlagen, und lagen über den ganzen Boden verteilt rum.

'Ich kann's nicht fassen', dachte Gideon. 'Ich hab doch noch nie schlafgewandelt! Ich glaub, ich brauch einen Arzt.'

Ungefährt fünf Stunden später hatte er das Chaos einigermaßen beseitigt und konnte wieder an andere Sachen denken. Erstmal rief er bei Dr. Lazarov an und bekam einen Termin für morgen. Dann fiel ihm das Buch ein. Jetzt wollte er mal ein bisschen mit dem Alten reden.

Er fuhr mit dem Bus zum Antiquariat, aber der Laden war zu. Gideon klingelte, aber keiner machte auf. Also ging Gideon in den Gang um die Ecke zum Hinterhof, wo der Eingang zum Treppenhaus war, und klingelte nochmal bei Abramski. Aber wieder nichts. Also drückte er einfach auf eine andere Klingel.
"Wer ist da?" fragte eine Frau. Sie klang nach Neueinwanderin.
"Entschuldigung, aber ich möchte zu Reb-Abramski. Können Sie mir sagen, ob er da ist?"
"Nein! Armer Herr Abramski seit gestern verschwunden!"
Das half Gideon auch nicht weiter. Jetzt konnte er das Geld wohl vergessen.

In der Nacht träumte Gideon wieder mal schlecht. Er wusste nachher nicht mehr, was er da eigentlich zusammengeträumt hatte, aber es war unheimlich - und tat weh...

Jetzt wachte Gideon auf. Er hatte überall Kratzer, an den Armen und an der Brust. Er schaute sich seine Hände an: Alle seine Fingernägel waren abgebrochen. Jetzt war Gideon fast in Panik.

Dann fuhr Gideon zum Arzt, wie abgemacht. Eigentlich war es peinlich für ihn, aber normal war sowas nicht. Im Bus dachte er nach, was da jetzt eigentlich passiert sein könnte.

Beim Arzt musste er eine Stunde warten, aber dann kam er doch noch dran. Dann erzählte er Dr. Lazarov, was los war. Und der musste zugeben, das alles war nicht gerade normal. Er untersuchte Gideon, fand aber nix.

"Hatten Sie in letzter Zeit viel Stress?" fragte er.
"Nein, das übliche halt." 'Jetzt mal abgesehen von dem Stress mit dem Buch.'
Der Doktor überlegte, wusste aber eigentlich genauso viel wie Gideon. "Vielleicht sollten Sie einfach mal Urlaub machen", schlug er vor.
"Das ist eigentlich gar keine schlechte Idee", meinte Gideon. Er stand auf.
"Wenn ich nicht wüsste, dass es sowas nicht gibt, würde ich sagen, das war ein Dibbuk", meinte er noch so nebenbei, wie er rausgehen wollte.
"Ein was?" fragte Dr. Lazarov.
"Ein Dibbuk, ein Teufel, der die Leute besessen macht, wie im 'Exorzisten'", erklärte Gideon. "War nur'n Witz."

Er ging nach Hause und packte seine Sachen zusammen. Dann sagte er noch ein paar Leuten (wie Schulamith, David und Mamme) Bescheid, dass er nicht da war, und fuhr dann zum Busbahnhof. In dem riesigen Ding kannte er sich immer noch nicht so ganz aus. Aber dann war er doch da, wo er hin wollte, stieg in den nächsten Autobus nach Elat und ließ den ganzen Stress von Tel Aviv hinter sich.

Inzwischen hatte Menachem über seine Leute Professor Goldblatt sagen lassen, dass er versuchen sollte, Gideon das Buch abzukaufen, und jetzt wartete er nur noch auf die Antwort. Und er bekam sie auch.

"Er studiert gar nicht mehr hier!"
"Was?!" Menachem konnte es nicht fassen.
"Er studiert nicht mehr hier! Der Professor sagt, nach seinen Unterlagen hat Gideon Kishon schon vor zwei Semestern sein Literaturstudium abgebrochen! Was er jetzt macht, wissen wir nicht."

Jetzt war Menachem wieder so weit wie vorhin.
Dann sagte er Momo, dem Schläger, Bescheid, dass er sich morgen mal in der TAU umschauen sollte. Wegen den Bomben-Kontrollen konnten sie zwar keine Waffen mitnehmen, aber so musste es auch irgendwie gehen. Also ging Momo hin und fragte bei den Leuten rum. Und ungefähr fünfzig Leute später traf er David.

"Kennst du Gideon Kishon?" Er schaute ihn ziemlich fies an, und David checkte, dass das kein Spaß war. Und eigentlich sagte er ihm ja auch nix Wichtiges damit.
"Er ist nicht da, er ist weg gefahren", sagte er, bevor der Typ noch weiter ging.

Was das jetzt heißen sollte, wusste Menachem auch nicht. Vielleicht hatte ihn dieser David versucht zu verarschen, vielleicht hatte sich auch Benjamin einfach geirrt, vielleicht hatte der Alte doch noch irgendeinen Trick auf Lager gehabt, und vielleicht war hier auch irgendwas ganz anderes los.

Aber zuerst wollte er nochmal mit den Zwei, David und Benjamin, reden. Und wenn er erstmal wusste, was hier wirklich los war, würde er keinen Spaß verstehen, soviel stand fest.

Und Gideon saß inzwischen am Strand von Elat rum und hatte keine Ahnung, dass man hinter ihm her war.

Fortsetzung folgt - demnächst in Story Nr. 15, "Zwei 'Kameraden'"!
 

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