DIE VERLORENE VISION
Es gibt 2 Hauptgründe, warum der israelischpalästinensische Friedensprozess letztlich
scheitern wird. Erstens, die internationale Gemeinschaft hat die Vision von Frieden
verloren. Zweitens, die Palästinenser hatten nie eine solche Vision.
Als Nachspiel des 6-Tagekrieges von 1967 erwartete die Welt von Israel, dass es einen
Teil, aber nicht alles, des von den Arabern in diesem Krieg zurückeroberten Gebiets
wieder abgab - im Austausch für Frieden. (Ein Großteil dieses Landes war jedoch dem
jüdischen Staat durch die Palästina-Mandatserklärung von 1922 zuerkannt worden. Diese
Erklärung wurde von der UN 1945 auch bestätigt. Das Land war von den Arabern als
Folge des Krieges gegen Israel 1948 illegal besetzt worden.) Die Araber ihrerseits sollten
ihr Kriegsgebaren beenden, Israel anerkennen und ihre Beziehungen zum jüdischen Staat
normalisieren.
In der Resolution Nr. 242 des UN-Sicherheitsrates war die Notwendigkeit verankert
worden, sichere und anerkannte Grenzen für alle Staaten zu schaffen. Die Grenzen von
vor 1967 (bekannt als Waffenstillstandsgrenzen von 1949) wurden zum einen nicht
anerkannt, insbesondere nicht von der Arabischen Liga, zum anderen waren sie nicht
sicher. Israel war in seinem kritischen Zentrum insgesamt nur 15 km breit.
Durch Verhandlungen sollte diese Schwachstelle für Israel verbessert werden.
Die Resolution Nr. 242 war auch die Basis für den israelisch-palästinensischen
Friedensprozess, der mit den Oslo-Verträgen 1993 begann. Wiederholte Zusagen durch
die USA beziehen sich auf verteidigungsmögliche Grenzen für Israel.
WIRD EIN PALÄSTINENSERSTAAT FRIEDEN BRINGEN?
Mit den Jahren hat sich der Friedensprozess dramatisch verändert. Er ist kein
Friedensprozess mehr. Er ist zu einem Prozess für einen Palästinenserstaat geworden.
Punkte, die Israels Anliegen berücksichtigten - ein Ende des Kriegsgebarens der Araber,
Anerkennung, normalisierte Beziehungen und, noch wichtiger, sichere,
verteidigungsmögliche Grenzen - wurden vernachlässigt. Sicher, sporadisch werden sie
erwähnt, doch praktisch werden sie ignoriert.
Israels so genannte Besetzung palästinensischen Gebiets kam als Ergebnis arabischer
Kriegsführung, nicht umgekehrt. Die Araber wollten, ihren eigenen Worten nach, die
Zionistische Gemeinschaft Israel zerstören. Das misslang ihnen stets. Die "Besetzung"
war eine Auswirkung des Krieges, nicht dessen Ursache. Die Terroristengruppe
"Palästinensische Befreiungsorganisation" (PLO), wurde lange vor 1967 gegründet, vor
der "Besetzung". Nun sagt die Welt: "Beendet die Besetzung, und ihr werdet Frieden
haben." Damit spannt man den Wagen vor das Pferd.
Kürzlich haben etliche südamerikanische Staaten Logik und Realität außer Kraft gesetzt,
indem sie einen "Staat Palästina" offiziell anerkannten, die meisten von ihnen auf der
Basis der Waffenstillstandslinien von 1949, obwohl ein palästinensischer Staat hier weder
jetzt besteht noch je auf diesem Gebiet existierte.
Wenn man einen Staat anerkennt, erkennt man damit für gewöhnlich das Vorhandensein
einer Regierung an, die als Kontrollorgan die Hoheit über ein spezifisches Gebiet hat. Die
Palästinensische Autonomiebehörde (PA) regiert jedoch nicht über das Gebiet, das die
Südamerikaner anerkannt haben. Die Hamas regiert in Gaza. Und sogar in den Teilen
Judäas und Samariens, die unter begrenzter PA-Verwaltung stehen, hat der
Palästinenserführer, Mahmoud Abbas, kein Mandat als "Präsident" zu dienen, da seine
Amtszeit im Januar 2009 abgelaufen ist. Er regiert jedoch weiterhin in einer
undemokratischen Tradition, wie arabische Führer in vielen Teilen des Nahen Ostens, die
nun mit sehr wütenden Demonstranten konfrontiert sind.
Wie die unterzeichneten Verträge zwischen Israel und der PA besagen, ist die PA zudem
nicht autorisiert, ihre "Grenzen" zu kontrollieren oder Außenpolitik zu betreiben. Sie
kann die interne Sicherheit durch Polizeikräfte überwachen, jedoch ist für weitere, typisch
nationale Funktionen eindeutig Israel zuständig. Mit anderen Worten, die Südamerikaner
haben eine illegitime, undemokratische Regierung anerkannt, die noch nicht einmal die
Kontrolle über ein Gebiet hat, das die gerne für sie hätten. Genauso gut können sie
Disneyland anerkennen.
WUT AUF ISRAEL
Mehrere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben vorgeschlagen, die EU solle
dasselbe tun, obwohl dies gegen internationales Recht und Brauchtum verstieße, und
sogar gegen die UN-Kriterien bezüglich der Staatlichkeit selbst. Andere EU-Staaten
waren zurückhaltender. Mittlerweile jedoch haben Dänemark, Frankreich,
Großbritannien, Irland, Norwegen und Spanien ihre diplomatischen Beziehungen mit der
PA ausgeweitet. Die Welt wird ungeduldig mit dem mangelnden Fortschritt, besonders
gegenüber Israel, und so belohnt sie die Palästinenser.
Im Laufe gegenseitiger Besuche dieses Jahr haben sowohl Bundeskanzlerin Angela
Merkel als auch der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu sehr warmherzig
von den deutsch-israelischen Beziehungen gesprochen. Aber während eines von ihm
kommenden Anrufs, um seine Enttäuschung über Deutschlands kürzliche Unterstützung
einer einseitigen UN-Sicherheitsratsresolution auszudrücken, die Israel verurteilte, hat sie
ihn, Berichten aus deutschen und israelischen Quellen zufolge, angefahren: "Wie können
Sie das wagen? Sie sind derjenige, der uns tief enttäuscht hat. Sie haben keinen einzigen
Schritt gemacht, um den Frieden zu fördern."
Hatte sie den 10-monatigen Baustopp der sogenannten jüdischen Siedlungen, um die
Palästinenser zurück an den Verhandlungstisch zu bringen, vergessen? Trotz einer
kritischen Wohnungsknappheit hatte Netanyahu israelische Interessen geopfert, um die
Verhandlungen wieder in Gang zu bringen. Als die Palästinenser - kurz vor Ende des
Baustopps - schließlich zustimmten, bei Friedensgesprächen dabei zu sein, haben sie
nicht verhandelt. Stattdessen verlangten sie eine Verlängerung des Baustopps.
Abgesehen von Frau Merkels Gedächtnislücke fragt man sich, ob sie Abbas ähnlich
behandeln würde.
Bei einem kürzlichen Treffen des US-Präsidenten Barack Obama mit Leitern der
amerikanisch-jüdischen Gemeinschaft hat der Präsident wiederholt behauptet, Israel habe
die größere Verantwortung, den Friedensprozess voranzubringen. Mit anderen Worten,
von den Palästinensern erwartet man keine großen Zugeständnisse.
Zunehmend werden nur die vor 1967 bestandenen Linien als legitime Grenzen für Israel
erwähnt, inklusive kleinerer Korrekturen, um ein paar Siedlungsblöcke miteinzubeziehen,
die zur Räumung zu groß sind. Dabei werden jedoch Israels Sicherheitsinteressen, wie in
der Resolution Nr. 242 vorgesehen, völlig außer Acht gelassen. Die internationale
Gemeinschaft, einschließlich der jetzigen US-Administration, hat das Konzept der
verteidigungsmöglichen Grenzen aufgegeben.
SEPTEMBER-STRATEGIE
Bis September beabsichtigen die Palästinenser genügend Unterstützung gesammelt zu
haben, um bei einer Abstimmung der UN-Generalversammlung "Palästina" als einen
Staat anerkannt zu bekommen, auf Basis der vor 1967 gewesenen Landkarte. Dies ist eine
Strategie der Manipulation, um Verhandlungen mit Israel zu vermeiden. Ziel der
Palästinenser ist es, eine internationale Legitimierung für ihren Staat zu erhalten, während
Israel damit in die Rolle fällt, die Rechte des neuen Palästinenserstaates zu verletzen. Das
wird dann erneuten Bemühungen Vorschub leisten, Israel zu boykottieren und zu
isolieren.
MANGELNDE REFORMEN BEDEUTEN MANGELNDEN FRIEDEN
Der Friedensprozess ist zu einer einseitigen Angelegenheit geworden, die unfair und
unweise ist. Auf Israel wird Druck ausgeübt, strategisch wichtiges Land abzugeben,
während die PA nicht gezwungen wird, mit ihrer Kriegslust aufzuhören. Die PA wird mit
vielfacher, internationaler Hilfe und mit einer unverdienten Aufwertung ihres
diplomatischen Status bedacht. Es fehlt der Anreiz für die Palästinenser zur Schaffung
echter Reformen, echter Demokratie und, mehr noch, einer echten Friedenskultur. Sie
können sich benehmen wie immer, da so wenig von ihnen erwartet wird. Diese neue
Verdrehung nach dem Zuckerbrot-und-Peitsche-Prinzip (die PA bekommt das
Zuckerbrot, Israel die Peitsche) unterminiert den Friedensprozess, da es die
Notwendigkeit von Verhandlungen umgeht. Die Palästinenser brauchen nur zu warten,
und die Welt gibt ihnen alles.
Das Versagen der internationalen Gemeinschaft, die PA zur Verantwortung zu ziehen, hat
es den Palästinensern ermöglicht, weiterhin Hetze gegen Israel zu betreiben
(siehe "Der Krieg der PA gegen Kinder") und mit dem Terror fortzusetzen, als hätte es
nie einen Friedensprozess gegeben. Statt den terroristischen Apparat abzubauen, hat die
PA die Gewalttätigkeitsgruppen in ihr Sicherheitssystem übernommen. Noch schlimmer:
Das neue Übereinkommen zwischen der Hamas (deren erklärtes Hauptziel die
Vernichtung Israels ist) und der Fatah beweist, dass die PA Frieden mit Israel ablehnt.
EINE NICHT GELERNTE LEKTION
Die Welt hat Israel wiederholt für den Bau von Siedlungen verdammt und beschuldigt,
"Fakten auf dem Boden zu schaffen", die das Ergebnis der Friedensverhandlungen
beeinträchtigen würden. Heuchlerisch beeilt sich die Welt nun, selbst "Fakten zu
schaffen", einen Palästinenserstaat, auf Basis vorbestimmter Grenzen. Wo ist da die
Notwendigkeit für Verhandlungen?
Dies kam schon einmal vor: Unter dem Druck der Bush-Administration, Land abzugeben,
hat Israel 2005 den Gazastreifen verlassen. Und wiederum auf amerikanischen Druck hin
gestattete man es der Hamas, an den Wahlen im Gazastreifen teilzunehmen.
Die Bevölkerung im Gazastreifen, nun "ohne Besatzer", war jedoch nicht auf eine
friedliche Koexistenz mit Israel vorbereitet. Israel hat einen hohen Preis für die
amerikanische Kurzsichtigkeit bezahlt. Ein Krieg wurde bereits gekämpft. Raketen
fliegen weiterhin. Und ein neuer Krieg zeigt sich am Horizont.
Eine hastige Anerkennung eines Palästinenserstaates bedeutet, ein künftiges "Palästina"
würde ein Spiegelbild seiner jetzigen Politik und Ziele sein. Es wird keinen echten
Frieden geben - vielmehr eine Gemeinschaft, die ihren neuen Vorteil der Staatlichkeit
(das Recht, ihre eigenen Grenzen zu kontrollieren und absichtlich Waffen zu importieren)
nutzen würde, um mit ihrem Kriegsgebaren fortzufahren.
Die Welt nimmt eine Abkürzung zum Frieden. Traurigerweise ist dies der Auftakt für
eine weitere Konfrontation - eine, die Israel nicht nur gegenüber den Palästinensern in eine
missliche Lage bringen wird, sondern auch gegenüber der internationalen Gemeinschaft.
Gabriel A. Goldberg, "Haschiwah" 2001/2