Ein Banker, Geschäftsmann und der Bürgermeister der Stadt N. wacht auf und findet sich in ungewohnter Umgebung. Er sieht eine weiße Zimmerdecke, gepolsterte Wände, und sein Herz ist plötzlich voller böser Vorahnungen.
"Wo bin ich? Was ist mit mir passiert?"
Im nächsten Moment hängt das hagere Gesicht eines Mannes über ihm.
"Wer sind Sie?" fragt der Bürgermeister.
Das blasse Gesicht kommt näher und flüstert: "Ich heiße Elvis, Elvis Presley."
Der Bürgermeister spürt den wahnsinnigen Blick dieser Augen, und die schreckliche Wahrheit explodiert wie ein Stromschlag in seinem Hirn: Ich bin in einer Anstalt.
Er will aufstehen, aber offenbar ist er ans Bett gefesselt. Derweil redet und redet eine Stimme, die sich anhört wie seine eigene, “Wieso bin ich hier? Was war letzte Nacht? Ich war in einem Hotel mit einem Mädchen, wir haben getrunken...” Und das war es schon. Er kann sich an nichts weiter erinnern.
Elvis sitzt auf der Bettkante des Bürgermeisters, eine Streichholzschachtel voller Tabletten in der Hand. "Die sind gefährlich", erklärt er. "Was dich umbringt, sind die Pillen. Nimm sie nicht. Ich lege meine unter die Zunge. Ich schlucke sie nie. Gefährliche kleine Dinger, diese Pillen."
Die Tür geht auf, und eine grauhaarige Ärztin erscheint, begleitet von einer Krankenschwester.
"Wie fühlen Sie sich?" fragt die Ärztin ohne einen Blick in die Akte.
"Ich erinnere mich an nichts."
"Denken Sie nicht weiter nach, Ihr Hirn braucht Ruhe."
Der Bürgermeister versucht sich wieder aufzurichten, aber starke Lederriemen halten ihn fest.
"Hören Sie, weder mein Körper noch mein Hirn brauchen Ruhe. Ich bin vollkommen normal, ich muß zur Arbeit. Ich bin Chef einer großen Firma."
"In dieser Klinik haben wir über zweihundert Patienten. Jeder von ihnen glaubt, daß er normal ist."
"Doktor, ich verlange, daß Sie mich entlassen und daß Sie mir erklären, was hier vorgeht! Ich bin eine prominente Person, ich bin Bürgermeister. Ich bin reich und mächtig, und ich habe einflußreiche Freunde..."
"Wunderbar," unterbricht ihn die Ärztin. "Wenn Sie prominent sind, sind Sie hier genau richtig. Elvis Presley haben Sie ja schon getroffen. Wir haben hier auch Julius Caesar, Napoleon und viele andere große Persönlichkeiten. Willkommen in unserem Club der Reichen und Berühmten, und jetzt seien Sie ruhig! Sie sind hier nicht in Ihrer Stadt. Sie sind in einer medizinischen Einrichtung. Ihre Wahnvorstellungen beeindrucken hier niemanden."
Die Stimme des Bürgermeisters schwillt an, Schweißperlen erscheinen auf seiner Stirn und er protestiert, aber niemand hört zu. Die Ärztin gibt der Schwester Anweisungen: "Haloperidol, dreifache Dosis, und die üblichen Injektionen. Und für mich einen Kaffee, schwarz, ohne Zucker."
Dann gehen sie. Als sich die Tür hinter ihnen schließt, fühlt sich der Bürgermeister zum ersten Mal in seinem Leben vollkommen machtlos, als habe ihn ein Tier gepackt und an einem Ort abgeworfen, an dem ihm Geld, Anwälte, Freunde nicht helfen können.
"He, Elvis, sind Sie da?" Das blasse Gesicht erscheint in seinem Gesichtskreis. "Was ist Haloperidol?"
"Es ist sehr gefährlich. Du mußt davon heulen. Dreifache Dosis hatte ich noch nie, aber mit einer doppelten fühlst du dich, als müßtest du dich hinstellen, und wenn du stehst, dann willst du dich setzen, und wenn du sitzt, willst du liegen, und wenn du liegst, willst du dich hinstellen..."
Der Bürgermeister schaut Elvis an und fragt sich, wer dieser Mann früher einmal war. Sein unrasiertes Gesicht zeigt Intelligenz. Vielleicht ein Schriftsteller. Vielleicht ein Dissident, der seit den Sowjettagen hier ist. Oder ein Banker, der erst vor ein paar Monaten hier abgeladen wurde. Der Gedanke macht den Bürgermeister frösteln.
Die Schwester eilt zurück auf die Station mit einem kleinen Tablett voller gefüllter Spritzen. Sie hält eine mit der Nadel nach oben und schießt einen kleinen Tropfen in die Luft. Ohne ein Wort tritt sie ans Bett.
"Ich lasse mich nicht mit Psychopharmaka traktieren! Ich verlange ein Gespräch mit dem Oberarzt..." Er bäumt sich auf und protestiert, aber seine Fesseln machen jede Gegenwehr sinnlos.
"Mit der Oberärztin haben Sie gerade gesprochen," antwortet sie und setzt die erste Spritze. “Das wird Ihnen guttun. Es wird Sie beruhigen. Sie werden keine störenden Meinungen mehr haben.”
Als die Hitze des Haloperidols sich im Körper des Bürgermeisters ausbreitet, bohren die Fragen in seinem Kopf. Wer hat mich hierhergebracht? Wer bringt so etwas fertig? Wer will, daß ich in einer Anstalt ende? Dann spult in seinem Kopf eine lange, lange Reihe von Namen ab. Wird man mich hier finden? Jemand muß mich doch suchen... Komme ich je wieder nach Hause? Weiß ich noch, wer ich bin?
Als das Medikament sein Hirn überschwemmt, ist es, als würde Fleisch in eine heiße Pfanne fallen. Der Bürgermeister erschauert; er spürt, wie seine Gedanken, sein Körper und das ganze Universum schwanken und stürzen. Er sieht Elvis auf der Zimmerdecke sitzen, die Streichholzschachtel in der Hand.
"Pillen sind gefährlich," sagt Elvis und wirft eine nach dem Bürgermeister. "Nimm sie nicht. Ich verstecke sie unter meiner Zunge. Sehr gefährlich, diese kleinen Pillen."
“Also das... ist der Wahnsinn,” flüstert der Bürgermeister. Dann gleitet er in die Bewußtlosigkeit.