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Commodore Amiga 1000 mit A 1060 Sidecar

Die Entwickler von Commodore International wussten, dass der 8-Bit-Markt am Ende war und die Zukunft den 16/32-Bit-Maschinen wie Apples Macintosh gehörte. Der nächste Schritt war also die Veröffentlichung eines eigenen 16-Bit-Systems. Da die Tramiels aber alle wichtigen Entwickler mit nach Atari genommen hatten, und dort Gerüchten zufolge bereits tief in der Entwicklung eines solchen Rechners steckten, wusste man sich bei CBM nicht zu helfen. Eine neue Mannschaft aufzubauen, die eine komplett neuartige Maschine aus dem Boden stampfen konnte, das war nicht machbar. Glücklicherweise gab es eine kleine Firma namens Amiga, die ein Videospiel auf der Basis des 16/32-Bit-Prozessors 68000 entwickelte. Dieser Firma ging allmählich das Geld aus. Sowohl Atari als auch Commodore wollen Amiga, Inc. aufkaufen. Ein Pokern begann, das CBM schließlich gewann und Amiga, Inc. mit den Entwicklern für 27 Millionen Dollar übernahm. Aus dem Videospiel musste nun ein richtiger Rechner werden: das brachte Probleme mit sich. Commodore wollte einen Computer ähnlich dem IBM-PC. Miners Konzept sah glücklicherweise von Anfang an einen Computer statt eines Videospiels vor. Die internen Erweiterungsslots strich das Marketing aus Kostengründen gleich wieder heraus. Statt dessen präsentierte man Jay ein Gehäuse, in das er den Amiga bitteschön hineinzupacken hätte. Er war ziemlich enttäuscht, wie CBM mit seinem Traum umsprang. Er hätte lieber gleich etwas gebaut, was wie der spätere A2000 aussah, statt diesem "bereits bei der Vorstellung veraltetem System" (Zitat Miner). Er wollte die ursprünglichen Grafik- und Soundchips (deren Konzept von 1982 war) verbessern und die Möglichkeiten des Jahres 1984 ausschöpfen. Doch Commodore wollte nicht. Statt dessen sollte der ursprüngliche Entwurf Miners weiterentwickelt werden.
Da Jay von Anfang an einen Computer, der sich als Spiel tarnte, gedacht hatte, sollte die Erweiterung eigentlich nicht all zu schwer gewesen sein. Doch es kam anders: Ein Computer braucht einen Massenspeicher, eine Floppy. Commodore wollte 360KB-5,25-Disketten wie im IBM PC. Miner nicht. Sie waren ihm zu klein. Er sah die 800 KB 3,5-Zoll-Floppys des Macintosh. Da diese einen elektrischen Auswurf und 4 verschiedene Drehzahlen haben, waren diese Geräte CBM zu teuer. Man einigte sich auf normale 720-KB-3,5-Zoll-Laufwerke, die bereits in anderen Computern (MSX) verwendet wurden. Durch den Verzicht auf einen Standard-Floppycontroller (diese Aufgabe erledigt wie beim Mac der Prozessor in Verbindung mit dem Soundchip Paula) konnte man die Kapazität auf 880 KB erhöhen. Mit den ursprünglichen Geldgebern hatte man sich auf 256 KB RAM geeinigt, Commodore wollte wieder auf 128 KB runter, aus Kostengründen. Doch Miner konnte sich durchsetzen und sah eine Erweiterung auf 512 KB als Steckkarte vor. Mehr war nicht möglich, weil die Spezialchips nur soviel adressieren konnten (als man sie konzipierte, waren diese 512 KB unbezahlbar und unvorstellbar gewesen). Erst mit der Einführung von FastRAM und dem ECS-Chipset konnte diese Grenze viel später überschritten werden. In den ursprünglichen Entwürfen waren ein Steckplatz für Spielmodule, ein internes 300-Baud-Modem und ein Anschluss für eine Laser Disk (für Video-Anwendungen) vorgesehen, alles dieses hat Commodore weggestrichen. So hatte der Amiga mit dem ersten Entwürfen bald nicht mehr vieles gemeinsam: Eigentlich nur die Grafik- und Soundeigenschaften, alles andere wurde nach und nach, teilweise mehrmals, verändert.
Aber es gab noch andere Probleme. Tramiel sann auf Rache. Aus der Firma geworfen und den Amiga nicht bekommen, gab er seinen Chefentwickler Shivaz Shivji (der den C64 entworfen hatte und Tramiel nach Atari gefolgt war) den Auftrag, einen 16/32-Bitter auf Basis des Motorola 68000 zu bauen. Zusätzlich klagte er gegen Amiga Inc., Jay Miner hätte Patente aus dessen Zeit bei Atari verletzt, als er die Chips des Amigas entwarf. CBM konterte mit Gegenklage: Atari habe massenhaft Commodore-Entwickler abgeworben. Der Atari-Amiga-Kampf begann, der sich noch lange Jahre zwischen beiden Unternehmen fortentwickeln sollte und auch die Anwender zu teilweise erbitterten Gegner machen sollte. Das Ganze artete zu einem "Glaubenskrieg" aus, anstatt dass man sich gemeinsam gegen den eigentlichen Konkurrenten PC gestellt hätte.
Commodore pumpte sofort nach der Übernahme weiteres Geld in die Entwicklung. Die Workstations der Software-Ingenieure, auf denen sie den Quellcode kompilierten, waren langsame SAGE-Minicomputer. Sie wurden durch schnelle SUN-Workstations ersetzt. Und weitere Angestellte erschienen auf der Bildfläche, die mitentwickeln sollten. Das alles verzögerte aber die Fertigstellung, so dass man das Weihnachtsgeschäft 1984 verpasste. Im Januar 1985 war wieder CES. Ein Jahr nach der ersten öffentlichen Vorführung war der Amiga immer noch nicht lieferbar! Dafür der rasend schnell entwickelte Atari ST! Ein Schock für CBM und Amiga, Inc. Nun war man nur noch Zweiter im Wettlauf um den 16-Bit-Heimmarkt.
Nun unter dem Codenamen "Lorraine" entwickelt, nannte man den Amiga intern "Rette-die-Firma-Maschine". Zwar hatte man die Hardware serienreif, das Gehäuse und die Tastatur waren fertig, aber die Systemsoftware war immer noch nichts Rechtes. Commodore importierte Tim King von der britischen Software-Schmiede Metacomco. Er hatte ein fertiges 16-Bit-Betriebssystem namens TriPos geschrieben, das auf alle möglichen Plattformen portiert werden konnte. Es entstand während seiner Studienzeit 1976 und wurde bis 1984 auf verschiedene Großrechner portiert. Die Anpassung an den Amiga soll nur drei Wochen gedauert haben, dann war die Anbindung an die WorkBench (grafische Oberfläche) und die CLI (Kommandozeileneingabe ähnlich des DOS-Prompt) fertig. King bestand auf CLI. Zwar wollte CBM einen nur grafisch zu bedienenden Rechner wie den Macintosh. Aber King sagte: "Löschen Sie mal mit einer grafischen Oberfläche alle Dateien, die mit einem "p" anfangen. im CLI geben Sie DEL p.#? ein, auf der WorkBench klicken Sie hundertmal." (Anmerkung: im Gegensatz zu CP/M und MS-DOS nutzt der Amiga nicht die zwei Platzhalter "*" und "?", sondern nur "?". Das "#" vor dem "?" sagt aus, dass das "?" unendlich oft wiederholt wird.) Allerdings war die Metacomco-DOS-Anpassung ohne das Wissen der Hardware-Entwickler in Kalifornien gemacht worden. Sie bekamen das fertige Ergebnis präsentiert und mussten nun wieder einmal ihre Grafik-Schnittstellen anpassen. Das Verhältnis Los Gatos (Amiga Inc.) und West Chester (CBM-Hauptsitz) wurde immer schlechter. Die Amiga-Designer fühlen sich immer mehr als Befehlsempfänger, deren "Kind" Amiga von Marketingmenschen, die von Technik keine Ahnung haben, umgestaltet wurde.
Das Aussehen der WorkBench (blauer Hintergrund, weiße Schrift, rote Rahmen und Mauszeiger, usw.) wurde auf NTSC ausgelegt. Dieses Farbsystem ist im Gegensatz zum europäischen PAL-System nicht sehr farbstabil; es kann vorkommen, dass die Farben "kippen", Filmschauspieler plötzlich grüne Gesichter bekommen usw. Die Entwickler fuhren zu einem Second-Hand-Electronikladen und kauften die ältesten und kaputtesten Fernseher, die sie bekommen konnten. Auf diesen Bildschirmen wurde solange herumexperimentiert, bis man die Farbkombination fand, die auf allen gut und stabil zu erkennen war. Trotz aller Eile bekam man die Systemsoftware nicht hundertprozentig fertig. So entschloss man sich zu einem Trick: Der Serien-Amiga bekam nur ein winziges Boot-ROM, das nach einer KickStart-Diskette verlangt. Ist diese geladen, kann die WorkBench von einer zweiten Diskette nachgeladen werden. Der Speicher, in die das KickStart von Diskette eingelesen wird, hat einen WORM (Write Once, Read Multiple) Status. Durch TTL-Logik werden die Schreibleitungen der KickStart-RAM-Chips nach dem Einlesen des KickStart dauerhaft und unwiederbringlich gesperrt. Selbst ein Absturz des Rechners kann den Inhalt dieses RAMs nicht verändern, so dass nur einmal pro Einschalten des Computers die Aufforderung zum Einlegen der KickStart-Diskette erscheint. Im Laufe der Jahre wurden verschiedene KickStart-Versionen veröffentlicht, und beim späteren A500/A2000 liefen sie so stabil, dass diese Rechner ein ROM bekommen konnten.
Kurz vor der Veröffentlichung (nach Wochen und Monaten von Dauerschichten, Nachtschichten, durchprogrammierten Wochenenden usw.) waren immer noch Fehler in der Systemsoftware enthalten, die einen längeren Betrieb unmöglich machen. Commodore entschloss sich dazu, den ausgelaugten Entwicklern einen viertägigen Zwangsurlaub zu verpassen, damit sie sich erholen konnten, und anschließend mit neuem Schwung die Fehler zu erkennen und zu beseitigen. Die Designer waren natürlich nicht davon überzeugt, dass diese Maßnahme Erfolg hätte. So stellte CBM Wächter ein, die verhindern, dass an den 4 Tagen gearbeitet wurde! Wer von den Entwickler in das Gebäude wollte, weil er persönliche Dinge vergessen hatte, wurde unter Begleitschutz eingelassen und streng überwacht, ob er nicht etwa heimlich ein bisschen programmieren wollte.
Das Gehäuse zeigte eine Besonderheit. Auf der Innenseite des Deckels hatten alle an der Entwicklung beteiligten Personen unterschrieben. Diese Unterschriften wurden digitalisiert und in die entsprechende Kunstoff-Spritzgußform eingearbeitet. So ist jeder Amiga wie ein Kunstwerk signiert. Einzigartig in der Branche. Lediglich Apple erlaubte es sich, vom IIgs eine Sonderserie aufzulegen, die der Hauptentwickler Steve Wozniak handsignierte (etwa 1000 Exemplare, heute gesuchte Sammlerstücke).
Vorgestellt wurde der endlich fertige Computer am 23. 7. 1985. Nicht auf einer Messe, sondern auf einer eigenen Veranstaltung, die nur den Amiga präsentierte. Im Lincoln Center, New York, erlebte der Rechner seine erste Präsentation. Es gab nur drei fertige Prototypen. Die letzen Arbeiten daran waren noch am Vortag gelaufen. Die Entwickler hatten die Vorseriengeräte per Flugzeug von Los Gatos (dem Amiga-Firmensitz) nach N.Y. transportiert. Damit ihnen nichts passierte, hatte man pro Computer einen Sitzplatz gebucht, so dass ein Angestellter immer neben einem Computer saß. Bis kurz vor Eröffnung wurde an den Präsentationen und Hardware-Aufbauten gebastelt. So gab es gerade einmal fünf Genlocks (Geräte, um den Amiga und ein externes Videosignal zu synchronisieren und das Computerbild über das Fernsehbild zu legen). Drei davon worden benötigt und die anderen waren als Reserve gedacht, falls eines ausfallen sollte.
Es war auch Prominenz eingeladen worden: Debby Harry (Sängerin der Pop-Gruppe Blondie) und - Andy Warhol. Der sagte nicht einfach ein paar nette Sätze. Sondern während Blondie sang, bearbeitete er in Echtzeit das Videobild, das dann auf die große Leinwand projiziert wurde. Er war vom Ergebnis begeistert. Noch auf der Vorstellung bestellte er für sein Atelier mehrere Geräte. Doch ein Stück Software erzielte den größten Erfolg. Der "Transformer", der per Software einen IBM-PC emulierte, ermöglichte es dem neuen System, auf Tausende fertiger Programme zurückzugreifen. Der Autor, Bob Parieau (Vizepräsident der Softwareabteilung), sagte, das Starten von z. B. Lotus 1-2-3 (damals die Nummer 1 der Tabellenkalkulationen) würde auf einem Original-IBM genauso langsam vor sich gehen.
Besucher und Journalisten waren einhellig begeistert. Eine Computerzeitschrift meinte, dass das Ende der PCs, MACs und aller anderen Kisten gekommen wäre. Und die neue Kiste war stark. Genau wie der Macintosh auf den schnellen Motorola 68000-Prozessor basierend, standen der CPU aber drei schnelle Custom-Chips zur Seite, die ihn wesentlich schneller als den Mac machten. Als erster Heimcomputer der Welt beherrschte er Multitasking, also die Abarbeitung mehrere Programme gleichzeitig. Und seine Grafik- und Soundfähigkeiten waren sensationell: Vierstimmiger Stereo-Digitalsound (basierend auf 8-Bit-Samples), maximal 4096 Farben, bei ca. 640 mal 400 Pixel diese GLEICHZEITIG, mehrere virtuelle Bildschirme, die der Anwender hintereinander legen konnte (jeder dieser Screens kann eine andere Auflösung und Farbtiefe haben!), eine grafische Oberfläche, die aber trotzdem (wer es denn will...) per Command Line Interface (CLI) zu bedienen ist, Sprachausgabe, das alles war sensationell.
Leider war der Anfangspreis von etwa 7000 DM mit Maus, Tastatur und Farbmonitor zu hoch für den Heimmarkt. Und wer ihn kaufen wollte, musste ewig warten. Erst ab September wurde ausgeliefert. Zuerst gab es Produktionsprobleme, dann konnte man nicht genug herstellen. Zusätzlich hatte Commodore Finanzprobleme. Die Entwicklung des Amiga und die Flops der 8-Bit-Rechner (Plus4, C16, C116 ,C128, C128D, die alle die Entwicklungskosten nicht hereinholten) hatten das Polster aufgezehrt. Lediglich der Dauerbrenner C64 hielt den Konzern am Leben. So war kein Geld für Anzeigenkampagnen für den Amiga verfügbar, zusätzlich kursierten Gerüchte über einen drohenden Konkurs, was potentielle Käufer auch nicht ermutigte. Zusätzlich peilte man mit dem Gerät eine Zielgruppe an, die IBM-PCs und Apples kaufte: Als Bürocomputer. Jedoch gab es keine Software, die diesen Schichten den Amiga schmackhaft gemacht hätte.
Im November 1985 veröffentlichte man die Spezifikation des Zorro-I-Busses (Erweiterungsschnittstelle des Amiga). Im Januar 1986 die des Zorro-II-Bus. Sofort kursierten Gerüchte über neue Amigas mit Motorola 68020-CPU und eingebauter Festplatte. Namen wie Amiga III, Amiga IV oder Amiga V wurden genannt, ein Projekt "Ranger" sollte entwickelt werden und so weiter und so fort. Dementis hier, Dementis da, Dementis dort. "Ranger" sei nur ein Sammelbegriff für neuentwickelte Amigas. Die ersten Mitglieder des Los-Gatos-Teams von Amiga Inc. verließen damals Commodore, weil sie die Pläne für neuere, bessere schnellere Amigas nicht durchsetzen konnten. Das Konzept des verkauften Gerätes stammte ja aus dem Jahre 1982/1983, es war eigentlich längst veraltet.
Im Februar 1986 gab es endlich europäische Amigas mit PAL statt NTSC-Video-Ausgang und deutscher Tastatur (naja, es befanden sich Aufkleber mit den deutschen Umlauten auf einer US-Tastatur). Auch hier wieder Lieferverzögerungen und endlose Wartezeiten. März 86 fand die offizielle Premiere in Frankfurt / Main in der alten Oper statt. Gleichzeitig verhandelte man mit der UdSSR. Doch bedingt durch die COCOM-Beschränkungen (amerikanisches Exportverbot auf "bessere" Computersysteme mit 16-Bit-CPU) musste man davon Abstand nehmen.

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