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´angstalt

Auf diese Band bin ich - wie so häufig- per Zufall gestoßen...

Man mag sie als Dark-Punk bezeichnen, man mag sie Art-Punk nennen wollen das alles trifft irgendwie zu aber reicht nie völlig aus um die ganze Bandbreite des ´angstalt-Sounds zu beschreiben, Gitarren-Pop, Gothic Rock, auch Jazz Elemente vermengen sie mit Texten die sowohl die direkte Straßensprache als auch Lyrik beinhalten ... Im Prinzip verkörpern ´angstalt für MICH damit eine der wenigen Bands die im Prinzip den Experimentellen Geist der Post-Punk Ära oder der frühen NDW weiterverfolgen.

Wenn ihr Bands wie Die Blumen des Bösen, Krankheit der Jugend oder auch die Kastrierten Philosophen mögt dann schaut auf jeden Fall mal bei der ´angstalt vorbei, ich denke sie sind Verwandte im Geist...

Allein schon nachdem ich "Die Zeitraffer" gehört hatte hatte mich der ´angstalt Sound irgendwie um den Finger gewickelt aber melancholischer Punk Rock ist nur eine kleine Facette ihres, durchaus auch Psychedelischen, Sounds... für die zweite Interzone Ausgabe wollte ich also unbedingt noch ein Interview mit dieser großartigen Avantgarde Band mit ´reinbringen und kontaktierte m. übver das Netz...

Hier also die ´angstalt in eigenen Worten:

Zuersteinmal, bitte stellt euch mal kurz vor die einzelnen Bandmitglieder

Stefan - Keyboards/Klavier, Bass, Git.

  1. - gitarre, baß und stimme.

n: spielt schlagzeug

außerdem:

alex - bis vor kurzem baß, percussion & stimme

- Wann wurde Angstalt gegründet und wie kamt ihr damals dazu?

unsere gründungsgeschichte steht recht ausführlich auf unserer homepage:

http://www.angstalt.de/de_neu/info/bio_gr.htm

daraus kannst du dir ja einen eigenen text stricken ;-)

(Anm. Nö! Wenn ihr nix erzählen wollt... auf eure HP kann jeder meiner Leser auch selbst schaun)

-Was habt ihr bisher schon so alles veröffentlicht?

frühjahr 1996 - ".eins."

(erstes tonband, sechs stücke in 30 minuten,

mit 16-seitigem s/w-booklet, wurde nie verkauft, sondern

einfach frei kopiert.)

februar 1997 - "kein 'muß'. musik." (tonband mit zwei stücken, einzelexemplar)

minuten, tonband only, 12-seitiges farbbooklet, schon ewig vergriffen,

steht aber komplett als mp3-download im netz)

6. mai 1999 - "zur blütezeit in herzwüsten - ein floristisches handbuch zur

steingärtnerei" (gedichtband von m., etwa 50 gedichte in acht

kapitakten, blau-marmoriertes transparentpapier, nummeriert und

vergriffen. restexemplare der zweiten auflage (feb. 2000) auf

blauem granitpapier noch zu haben)

dezember 2000 - "[ha1b:2ehn]" (cd-zusammenstellung zum 5. jubiläum,

nummeriert und limitiert, 16 stücke in 80 minuten, 20 seitiges booklet,

noch restexemplare zu haben)

seit 1997 haben wir reichlich musik als .mp3 im netz stehen.

 

-Habt ihr sonst noch andere Nebenprojekte?

Stefan: Momentan nicht.

m.: 'projekt' würde ich es noch nicht nennen, aber ich mache seit einigen

monaten mit zwei freundinnen - meike (harfe) und anna (geige) - in marburg

musik. zur zeit arbeiten wir an einer interpretation des

/'angstalt/-instumentalstücks "statt blumen".

n: z.Zt. nicht

-Wovon handeln eure Texte? Eure Lyrik ist teilweise sehr melancholisch und

dunkel aber dann wieder ziemlich ironisch... teilweise ein wenig

Seelenschmerz

und dann eher makaber... gibt es sowas wie einen "roten Faden" bei euch? Eine

art

Grundthema?

m.: das geht wohl an mich, da ich für beinahe alle texte verantwortlich bin.

der

"rote faden" ist eigentlich ziemlich simpel: es soll echt sein. ein anderes

konzept habe ich nicht. ich will nicht mal, daß etwas 'vollständig' oder 'die

wahrheit' ist. sehr oft bin ich mir auch gar nicht sicher und

stelle mir vielmehr fragen. aber ich habe wirklich kein lieblingsthema oder

womöglich sowas wie eine "message". alles, was da als text steht, hat mich zu

der zeit bewegt - das schreiben macht die bewegung tiefer, und schließlich

hält es für mich diese bewegung wie in einem bild fest. ich bin wieder dort,

wenn ich mich damit beschäftige. übrigens handelt nicht jeder text in der

ich-form von mir.

inzwischen schreibe ich aber auch ganz anders als vor fünf oder zehn jahren,

und ich hatte damals auch andere 'probleme' oder gedanken als heute. das kann

auch dazu führen, daß die texte so unterschiedlich wirken. anfangs habe ich

die texte wie schnappschüsse eines augenblicks begriffen, und mir wäre nicht

eingefallen, sie nochmal anzurühren; mit der zeit saß ich aber immer wieder

vor texten, bei denen ich noch wußte, was ich sagen wollte, das aber nicht

wirklich im text finden konnte. inzwischen entstehen die texte daher über

einen längeren zeitraum, und sie sind eigentlich nie fertig.

-was sind eure persönlichen Lieblingssongs?

Stefan: Wenn Du die /'angstalt/ - Sachen meinst wechselt das

eigentlich recht schnell. Da gibt es zum einen die Stücke, die mich

sehr stark berühren wenn ich sie höre ohne selber mitzuspielen

(wie z.B."Das blaue Zimmer" oder "Krebs"). Zum anderen sind es

für mich St|cke wie "So gut wie neu", "Er spricht:", "musa medusa"

und "ichundich" in die ich sehr gut beim spielen "abtauchen" kann.

m.: du meinst wahrscheinlich von unseren eigenen stücken, ja? den begriff

"song" finde ich da übrigens in vielen fällen unpassend, weil ich dabei eher

an 3:30-radiokompatibel denke. es gibt jedenfalls immer wieder welche von den

gerade entstehenden sachen, die mich nicht loslassen (wenn das anders wäre,

würde ich mich auch wundern) - "klirr" und "für eine hand voll zucker"

beispielsweise. unter den älteren sachen ist wahrscheinlich "lautlossagen

(l'esclave de l'amour)" mein ewiger favorit, dicht gefolgt von "ex." und "in

seinem namen". jenseits aller sphären liegt allerdings "ichundich", die

vertonung zentraler punkte des letzten dramas der lasker-schüler. daran haben

wir jahrelang gearbeitet, allein dieser text hat mich etliche schlaflose

nächte gekostet.

n:darf ich`s kürzer halten? krebs, er spricht,

das blaue zimmer,...

-Eure Musik ist ja sehr abwechslungsreich, mal seid ihr sehr Gitarren-Poppig,

beinahe Hamburger Schule ähnlich dann wieder doch sehr Goth und dann kommt

hin und wieder noch Punk und Psychedelic dazu und dann klingen manche Sachen

ein bißchen Jazzig... und dann meine ich irgendwie Suicide rauszuhören. Wie

nennt ihr selbst denn euren Stil oder als was würdet ihr euch bezeichnen?

Stefan: PsychedelicJazzPunkGothikPolka.:-)

Es ist für mich auch jedesmal ein Akt, uns genau zu bezeichnen,

weil ich mich ungerne auf eine bestimmte Richtung einschränken

möchte. Andererseits geht mir dieses "wir lassen uns in keine

Schublade stecken" oder "das was wir machen kann man nicht

beschreiben" getue auf die Nerven.

Jeder von uns kommt aus einer ganz anderen musikalischen Ecke

und jeder von uns interpretiert unsere musik auch unterschiedlich.

Dennoch, denke ich, haben wir einen ganz bestimmten Stil, eine

ganz bestimmte Atmosphdre in unserer Musik. Und oft klingt ein

Stück auch erst dann nach einem /'angstalt/-Stück, wenn jeder

einzelne auch seinen eigenen Senf dazu gegeben hat. Wie Du oder

besser wir das dann nennen, was da letztendlich bei rauskommt,

ist mir dann eigentlich auch relativ egal.

m.: wahrscheinlich hast du mit allem ein bißchen recht. und wäre es dann

nicht schade wenn wir sagen "nee, wir machen das-und-das"? ich frage mich

auch bei keiner band, die mir etwas bedeutet, wie wohl ihr 'stil' heißt.

viel lieber ist mir, wenn ich zwar jemanden wiedererkennen kann, aber

trotzdem immer wieder überrascht werde und damit auch wiederentdecke, warum

ich den/die so mag. alles andere wäre "aus gewohnheit", das reizt mich

nicht. ich möchte auch nicht meine freunde in solchen schubladen haben -

"der ist zum probleme bequatschen", "die ist zum witze reißen". freunde

verändern sich, wir verändern uns, ich verändere mich, und damit muß sich

auch immer wieder ändern, was wir machen - und wir bräuchten ständig neue

namen dafür.

 

-Was sind eure musikalischen Einflüsse?

Stefan: Musikalisch beeinflusst werden wir bestimmt auch von der

Musik die wir hören, mit der wir uns identifizieren. Aber ich könnte

jetzt nicht genau sagen welche das im einzelnen ist.

Mich beeinflussen dagegen viel mehr bestimmte Stimmungen, die

eigentlich nur sehr selten von der musik die ich höre ausgehen.

Nebel zum Beispiel kann mich in eine ganz bestimmte Stimmung

versetzen, die sich dann musikalisch wiederspiegelt (z.B. bei dem

Stück "Krebs"); Oder aber als ich ein Kind beobachtete, wie es

durch tiefe Schneewehen stapfte, hat mich das nicht in eine

bestimmte Stimmung versetzt, dennoch brachte mich das in

diesem Moment auf einen sehr schwerfälligen aber kraftvollen

Rhythmus und eine ganz bestimmte Harmoniefolge, woraus dann

schliesslich die Musik von "So gut wie neu" entstanden ist.

m.: puh, das ist eine kurze frage mit unendlichen antwortmöglichkeiten.

erstmal kann ich sie nur so verstehen: "was beeinflußt eure musik", denn wenn

wir uns darauf beschränken, wie unsere musik von anderer musik gefärbt ist,

dann überschätzen wir glaube ich diesen einen faktor zuungunsten all der

anderen ereignisse im täglichen leben, die wir später in der /'angstalt/

nochmal nachklingen lassen.

ich habe als kind in papa's schallplattensammlung eine aufnahme von

beethovens "mondschein" gefunden. beim ersten satz konnte ich gar nicht

begreifen, wie ein mensch so etwas schreiben kann - er ist schlicht perfekt,

da dürfte keine note auch nur ein bißchen anders sein. dann lernte ich durch

einen "tatort", den ich damals noch gar nicht sehen durfte, ebenso erstaunt

die musik von jean-michel jarre kennen. das müssen so die ereignisse gewesen

sein, weshalb ich begann, musik als _das_ ausdrucksmittel schlechthin zu

betrachten. die ideen der einstürzenden neubauten (alles ist musik) und igor

stravinsky (musik einschichten), aber auch von eher "nicht-musikern" wie

joseph beuys (alles ist kunst) oder wassily kandinsky (innere

notwendigkeit), haben mich immer wieder wachgerüttelt. meistens habe ich

probleme mit theorien, aber gerade die theoretischen ansätze von kandinsky

sprechen mir sehr aus der seele. viele wissen gar nicht, daß er auch

geschrieben hat. "über das geistige in der kunst" kann ich nur wärmstens

empfehlen.

n: bezogen auf die /'angstalt/-musik ist diese

frage schwer zu beantworten. Hauptsächlich lass

ich mich von dem inspirieren was m. und stefan

als "grundlage"(text,melodie,ausdruck einer

stimmung usw) vorgeben . bisher ein bewährtes

konzept. sie schreiben die stücke, ich

interpretiere sie und bringe so mein

"musikalisches ich" mit ein. ich glaub wir

würden alle die motten kriegen, wenn ich auch

noch versuchen würde stücke zu schreiben

(chronische holzfällermotorik).

-Welche Lieblingsbands habt ihr?

Stefan: Zu viele um sie hier alle aufzuführen. Dennoch denke ich,

gehören zu dem festen Kern meiner Lieblingsmusiker Gruppen

oder Künstler wie The Cure, Cranes, David Bowie, Tori Amos,

Tool, Curve, Miranda Sex Garden, Depeche Mode, Godspeed you

black emperor!, J.-S. Bach, Björk, ....(fasse mich hier etwas

kürzer um noch etwas mehr Platz für m.'s Liste zu lassen!)

m.: du hast es so gewollt ;-) - eine auswahl an musikern, die ich guten

gewissens empfehlen könnte (alphabetisch und aktuell, könnte nächste woche

schon etwas anders aussehen): and also the trees, an pierle, aphex twin,

archive, boxhamsters, cop shoot cop, cranes, cure, dead can dance, die

kreuzen, ea80, einstürzende neubauten, emf, endraum, flowerpornoes/tom liwa,

gerhard schöne, goodspeed you black emperor!, goethes erben, hanns-dieter

hüsch, kol simcha, luna sea, meret becker, mila mar, mira, miranda sex

garden, morgoth, motorpsycho, my dying bride, neurosis, noa, pale saints,

paula cole, philip glass (komponist), quarks, saviour machine, sigur ros,

sinead o'connor, slowdive/mojave 3, sonic youth, stina nordenstam, swans,

talk talk/mark hollis, the god machine, tool, zbignew preisner (komponist)...

n: goethes erben, cure, depeche mode, cranes,

marylin manson ...

-Mit wem seid ihr schon gemeinsam aufgetreten? Oder mit wen würdet gerne mal

zusammen spielen?

Stefan: CRANES, das wäre für mich ein absoluter Traum.

m.: hoffentlich klappt es bald mal mit dem "angstraum"-projekt, einem

gemeinsamen abend mit endraum aus frankfurt. außerdem würde ich gerne mal

mit goethes erben und ea80 spielen. wenn es sie denn noch gäbe, hätte ich

auch einiges dafür gegeben, mal für die kreuzen zu eröffnen. ein abend mit

unloved wär sicher auch ziemlich spannend...

n: cranes, sometree

-Was bedeutet euer Bandname /'angstalt/? Das erinnert mich persönlich jetzt

an Paranoia, Heilanstalt, Geisteskrankheit usw. mögt ihr solche Symbolik oder

habt ihr einfach generell ein faible für Wortspiele?

m.: im ersten jahr hatten wir noch gar keinen namen, weil alles andere

wichtiger war. dann fanden wir gefallen an der idee, einen neuen begriff zu

prägen mit dem, was wir tun - /'angstalt/ ist diese musik, aber auch all die

texte oder bilder, die da entstehen. da steckt für mich auch ein bißchen

verweigerung vor dem bloßen altern drin, oder davor verwaltet zu werden.

Stefan: Genau das weiss ich selber nicht genau! Wie m. schon

sagte hatten wir zunächst gar keinen Namen. Was mir an /'angstalt/

besonders gefällt ist, daß dieser Name unweigerlich mit uns und

dem was wir tun in Verbindung gebracht werden muss.

-Ihr tretet nicht sehr oft auf, bei was für Anlässen spielt ihr

normalerweise? Habt ihr schonmal eine Tour gemacht?

Stefan:Wir würden gerne hdufiger Konzerte spielen oder eine Tour

machen. Aber es ist nicht einfach mit der Musik

Auftrittsmöglichkeiten zu bekommen. Antworten wie "das können

wir hier nicht spielen" oder "das passt nicht in unser Konzept" sind

keine Seltenheit.

Andererseits ist das meiner Ansicht nach auch ein grosser

"Schwachpunkt" der Band: Konzerte zu organisieren. Gerne

würden wir diese Aufgabe auch jemandem überlassen, dem die

ganze Organisation leichter von der Hand geht und der dabei auch

unsere Interessen berücksichtigt.

m.: ("der" oder auch "die", natürlich) eine tour gab's noch nicht.

ich kann mir auch kaum vorstellen, mit dieser musik über lange zeit jeden

abend auf einer bühne zu stehen. ausprobieren würde ich es trotzdem, wenn es

sich mal anbieten sollte. daß wir so selten spielen ist aber nicht

bestandteil eines konzepts, wie stefan schon sagte.

 

-Habt ihr eine neue Veröffentlichung?

m.: leider nicht - aber das ändert sich hoffentlich bald. roman von endraum

hat uns angeboten, mal eine produktion mit uns zu machen, das ist bisher

leider noch nicht zustande gekommen. aber wir sind daran weiterhin sehr

interessiert, zumal roman ein paar eigene ideen hat. das verspricht ein

spannendes projekt zu werden, weil es die /'angstalt/ mal aus einer anderen

perspektive darstellen kann. und da ich endraum sehr schätze, habe ich da

auch größtes vertrauen in roman.

Stefan: Ich hoffe bald. Wenn es zur Aufnahme des kompletten

Albums kommt, wird es für uns ein "Werk", das über Jahre hinaus

gereift ist und trotzdem - durch den Ausstieg von Alex - nicht mehr

ganz klar überschaubar ist. Es wird sowohl ein Spiegel der letzten

3-4 /'angstalt/-jahre, als auch ein Wegweiser des künftigen

/'angstalt/-schaffens sein.

-was macht ihr alle so Hauptberuflich?

Alle:diese frage finden wir in diesem zusammenhang sehr

unbedeutend und uninteressant: auch wenn wir als band unter uns sind,

sind solche sachen schlicht kein thema.

sie wird daher auch hier unbeantwortet bleiben.

-Ihr scheint mir eine der wenigen Bands zu sein die heute noch Punk oder

Gothic machen mit der Intention KUNST zu fabrizieren, gehen eure Vorlieben

besonders in Richtung Kunst Literatur und Poesie? Seid ihr auch außerhalb der

Band auf dem "Kunst-Trip"?

m.: kunst ist eigentlich ganz einfach und normal. meine vorlieben gehen aber

vor allem in richtung leben. das möchte ich mitbekommen und gestalten, mir

fragen stellen und die freiräume schaffen, in denen ich auch mal traurig oder

stinksauer sein kann, ohne das gefühl zu haben, etwas 'geächtetes' zu tun.

das hat mich eigentlich zur "kunst" gebracht. es hätte auch zur philosophie

füren können. aber da wird vielleicht mehr gedacht als gefühlt und getan.

was andere "kunst" nennen ist für mich nichts anderes, als sich mit

unbequemen, nicht so offensichtlichen gedanken oder dingen offen

auseinanderzusetzen. nicht jedes rätsel und nicht alles, was ungewöhnlich

ist, muß gleich ein kunstwerk sein.

aber ich denke, ohne ein wenig 'arbeit' sind die wichtigsten fragen im leben

nicht wirklich zu bewältigen. oder genau so, wie ein selbstgebackener kuchen

wundersamerweise meistens besser schmeckt als ein gekaufter, sind auch die

selbsterlebten lebensfragen viel beeindruckender als das, was fernsehen oder

das charts-radio so zu bieten haben. ich meine, für viele fängt "kunst" da

an, wo sie etwas nicht mehr sofort verstehen (vielleicht ist das auch nicht

der schlechteste ansatz, wenn er auch seine schwächen hat...), und entwickeln

eine abneigung dagegen - gegen ihren eigenen anteil daran. denn genau das ist

ein wesentlicher punkt für mich: kunst nimmt dir nicht das denken, fühlen

oder gar das handeln ab, ganz im gegenteil. sie ist keine pille, die du

einfach schluckst, an dann ist "kunst" passiert; du mußt dich mit ihr

beschäftigen, in dir etwas "mit ihr machen", erst dann "passiert sie". für

mich stellen künstler gute fragen, die du selbst beantworten mußt, um daraus

"kunst" zu machen, ohne dich geht es einfach nicht.

sie sitzt dir im rücken und fragt dich aus, aber das erfährt erst mal niemand

außer dir. kunst sagt nicht "kopf hoch, das wird schon wieder" wenn deine

wahrheit heißt "du hast ein echtes problem". insofern fühle ich mich hier

manchmal ein bißchen wie im rokoko, wo erstmal gepudert und geschminkt wurde,

anstatt sich mal zu waschen. an der stelle ist kunst übrigens immer auch

politik, selbst wenn das viele nicht gerne hören. über die 'offizielle'

einstellung insbesondere der 'schwarzen szene', sie sei ja so unpolitisch,

kann ich da eigentlich nur schmunzeln. erstens wissen sie wohl gar nicht, wie

politisch ihr auftreten _ist_, zweitens folgt daraus, daß sie sich

tendenziell von politischen strömungen instrumentalisieren lassen, woraus für

mich drittens der schluß naheliegt, daß sie sich ihr unpolitisches wahlimage

nicht mehr leisten können; beim 'punk' seh ich's ungefähr andersrum, weil dem

als image anhängt, per se politisch zu sein, was ich begrüßen würde, aber de

facto größtenteils bekannte vorgeblich 'linke' phrasen nachgedroschen werden

und auch hier innerhalb der gemeinde ganze frageräume nicht mehr gestellt

werden dürfen, wenn du nicht rausfliegen willst - die wirklich 'politischen'

- (selbst)kritischen - künstler beeindrucken mich hier wie da, und sind viel

zu selten - aber das nur am rande, zurück zur frage:

ich gehe z.b. oft in kleinen programmkinos in filme, von denen ich so gut wie

nichts gehört oder gelesen habe, und lasse mich überraschen. gerade diese

unvorbereitetheit hat einen großen reiz. solche kinos werden in der regel von

echten filmliebhabern aufrechterhalten, dementsprechend leidenschaftlich ist

die auswahl der filme, die sie zeigen, du wirst also selten enttäuscht, aber

oft mit dingen konfrontiert, die du dir vielleicht selbst nicht ausgesucht

hättest. wenn es das ist, dann bin ich "auf dem kunst-trip".

Stefan: Auch hier, wie sollte es auch anders sein, gehen die

Interessen sehr weit auseinander. Literatur und Poesie ist eher

m.'s Ding. Für mich besteht die "Kunst" bei /'angstalt/ darin,

jeder Idee oder jeder "inneren Notwendigkeit" der Musiker oder der

einzelnen Stücke genügend Raum zu geben und sich entwickeln

zu lassen. Wie m. bereits sehr treffend sagte, ist Kunst etwas

forderndes, dem man sich erst stellen bzw. öffnen muss um daran

Teil zu haben. Das macht es vielen auch so schwer sich mit

Kunst auseinanderzusetzen (bei mir ist es da z.T. nicht anderst).

 

-Ich hab' noch nie etwas von euch in 'nem Plattenladen gesehen...

veröffentlicht ihr euer Material alles selbst oder hat euer Label eine so

schlechte Distribution,daß nur sehr wenige Läden oder Mailorders eure Platten

vertreiben?

Stefan: Wir haben bisher alles selbst veröffentlicht. Ich hoffe aber,

das sich das mit dem nächsten Album unter bestimmten

Vorrausetzungen ändert.

m.: da sprichst du wieder einen der punkte an, an dem die meinungen innerhalb

der /'angstalt/ etwas unterschiedlich gefärbt sind (daraus gewinnt die

/'angstalt/ ja auch einen großteil ihrer energie...). ich bewerte die

stellung des internet wahrscheinlich etwas anders, weil es für mich seit

jahren eine alltägliche informationsquelle darstellt und ich dadurch erfuhr,

wie wertvoll frei verfügbare inhalte für die allgemeinheit sind. dieses, per

e-mail geführte, interview kam ja interessanterweise auch dadurch zustande,

daß du unsere musik als .mp3 im netz kennenlerntest und interessant fandst.

offensichtlich bewegt das, was wir tun, tatsächlich ab und an die gemüter -

das netz ließ uns auch schon an regelrechten ekeltiraden teilhaben.

jedenfalls sehe ich persönlich die zukunft nicht im

plattenvertrag-popelband-konzept der vergangenheit; dieses modell hat sich

überlebt, und das liegt allein bei den betroffenen konzernen. hm, da hängt

ein ganzer rattenschwanz an konzepten hinter, die auf den gedanken freier

informationen beruhen und eigentlich ein eigenes interview rechtfertigen

würden. bis dahin verweise ich auf die erfolgsgeschichte von gnu/linux und

erste ansätze, diese denkweise auch auf künstlerische produktionen zu

übertragen: http://openmusic.linuxtag.org

-Möchtet ihr gerne ein paar Bands die ihr gut findet oder mit denen ihr

befreundet seid empfehlen?

Stefan: sometree

m.: ja, und hört euch mal suzanne und unloved an - dahinter schlagen herzen.

außerdem haben cranes vor jahren ihren plattenvertrag bei dedicated verloren

und die ungewißheit genutzt, sich vom einfluß fremder labels zu lösen. sie

gründeten ihr eigenes label dadaphonic und veröffentlichten nach jahrelanger

pause (1997-2001) ein neues album ("future songs"). cranes begründen diesen

versuch, es auf eigene faust schaffen zu wollen, mit den bedingungen

interessierter majors, die ihnen verträge nur dann aboten, wenn sie in

zukunft "radiotauglichere" musik schreiben. diese selbsttreue sollte belohnt

werden.

http://www.suzanneonline.de

http://www.alleingelassen.de

http://www.cranes-fan.com

 

-So wie ich euch als Band einschätze müsstet ihr ja zwischen allen Stühlen

zuhause sein, was haltet ihr so von der Punk/Indie oder Gothic/Düster Szene?

Zählt ihr euch irgendwo so richtig dazu oder seid ihr auch was eure

persönlichen Vorlieben angeht so zwischen allem?

Stefan: Ich habe mich noch nie zu einer bestimmten Szene richtig

zugehörig gefühlt. Bisher hatte ich immer den Eindruck, daß in

verschiedenen Szenen mehr "Schein als Sein" herrscht, das sich

zeigen und präsentieren, sehen und gesehen werden um sich

zugehörig zu fühlen. Das war immer nicht so mein Ding.

m.: ich fühl mich überall zuhause, wo ich nicht über fußball, autos,

klamotten, frisuren und "die sind kommerziell geworden" reden oder zwingend

spaß haben muß. prinzipiell gibt es überall menschen, mit denen ich warm

werden kann. allerdings habe ich in den letzten jahren den eindruck gewonnen,

daß die sich unter den schwarzgewandeten überzufällig häufen, wobei das

offenbar eher "schlichte" als "aufgedonnerte" sind. es scheint einen großen

unterschied zu machen, ob ich von mir aus im laufe des lebens immer weiter in

schwarz tauche (wodurch auch immer und was es auch bedeuten mag) und dadurch

angezogen werde, oder diese schwarze menge bemerke und möglichst schnell

dazugehören möchte. ersten ist auch ganz egal, ob sie als goten, gothics,

gruftis oder was auch immer betrachtet werden.

für sie sind schwarze veranstaltungen eben auch mehr große

podiumsdiskussionen als endlose shopping malls. ich kenne "schwarze", die

gar kein schwarz tragen.

 

-Möchtet ihr gerne noch "letzte Worte" ausrichten an meine Leser?

Stefan: Vielen Dank für das Interesse an /'angstalt/.

m.: meine letzten worte sind es wahrscheinlich nicht: ich wünsche mir, daß

sich menschen mehr einmischen, wo sie defizite wahrnehmen (also nicht erst

mesckern, wenn sie zu hause sind), aber auch erst noch einmal darüber

nachdenken, ob sie wirklich sagen wollen, was sie gleich sagen werden. beides

würde uns allen nicht schaden. wie weit sebstveratwortung führen kann, zeigt

gnu/linux am beispiel der betriebssysteme für computer - und da steckt so

viel mehr potential drin...

antesten: http://freie-software.bpb.de

-Eure Kontaktadresse?

m.

frankfurter str. 10/20

35037 marburg

kontakt@angstalt.de

http://www.angstalt.de

 

 

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