1.
Was sind (Neu-) Heide, Heidentum, heidnisch?
Neu-Heiden sind Menschen die die vorchristlichen
Religionen und Traditionen Europas, Nordamerikas und
aller anderer Kontinente, an das moderne Leben angepasst
oder auch nicht, wieder praktizieren. Das Wort
"Heide" ist eigentlich christlichen Ursprungs
und wurde von den Kirchenvätern genutzt um
Andersgläubige auf abfällige Art und Weise zu betiteln.
Das Wort Heide ist auch der Name für eine weite
Landschaft, ohne Bäume, mit nur flachen Sträuchern,
Gräsern und bodendeckende Pflanzen. Die nicht
christlichen Völker hatten oft die Tradition (die auch
heutige Heiden wieder aufgegriffen haben) ihre
religiösen Zeremonien auf solchen Heidelandschaften
(oder auch in Wäldern, Gebirgslandschaften) zu
vollziehen. Dies war für die strengen Christen der
frühen Zeit, die an dunkle Gebetshäuser gewöhnt waren,
kaum verständlich.
In einem deutschen Wörterbuch von 1996 steht unter dem
Begriff Heide/Heidin folgendes:
"Heide/Heidin ; aus Sicht
einer gläubigen Person jmd., der keiner
Religionsgemeinschaft angehört, sich nicht zu (ihrem)
Gott bekennt."
Obwohl ich die Qualität dieses Wörterbuches nicht
anzweifle, kann ich diese Aussage so nicht akzeptieren.
Denn ein/e Heide/Heidin kann sehr wohl einer
Religionsgemeinschaft angehören. Viele Neu-Heiden
schließen sich in Gruppen zusammen um ihrem Glauben
nachzugehen. Da erscheint mir die Aussage eines anderen
Lexikons über den Begriff Heidentum doch richtiger:
"Heidentum; a) Gesamtheit
der Nichtchristlichen Religionen. b) Aus der Sicht der
monotheistischen [nur an einen Gott glaubenden]
Religionen, Gesamtheit der Nichtchristen, Nichtjuden,
Nichtmoslems."
Obwohl Heide wie gesagt ein christlichen Ursprungs,
abwertend gemeintes Wort ist, das wohl nie von den als
Heiden definierten Religionsgruppen selbst benutzt wurde
um sich zu bennen, wird es heute häufig von den wieder
Praktizierenden der alten Religionen ganz
selbstverständlich genutzt um ihren Glauben zu
erklären.
Ein anderes Wort, mit der selben Bedeutung, welches im
englischen Sprachraum fast ausschließlich anstelle von
(Neu-) Heiden (engl. Heathen) genutzt wird, ist pagan
(von Paganism = Paganismus = Heidentum). Pagan kommt vom
lateinischen Wort paganus, was soviel bedeutet wie
ländlich, ländlichen Ursprungs. Dies deutet wohl auf
die im Gegensatz zu den frühen Christen, äußerste
Naturverbundenheit der Heiden hin. Ohne Zweifel ist auch
das Neu-Heidentum eine Naturreligion.
2. Woran glauben
Heiden?
Diese Frage ist nicht ganz leicht zu beantworten.
Heidentum lässt sich von seinem Glaubensinhalt nicht so
leicht definieren wie z.B. Christentum, denn eigentlich
ist der Begriff Heidentum nur ein Überbegriff für
unzählige verschiedene Glaubensrichtungen. Nehmen wir
z.B. das Wort Monotheismus. Monotheismus ist keine
Religion, nur ein Überbegriff für viele Religionen, wie
Christentum, Islam, Judentum, die sich auch wieder
aufspalten lassen in katholisch, evangelisch, orthodox,
fundamentalistisch, baptistisch... Was diese vielen
Zweige jedoch durch den Begriff Monotheismus vereint, ist
die Tatsache, dass sie alle an einen (viele sagen an ein
und den selben) einzigen Gott glauben.
Ähnlich ist es auch bei den Heiden. Unter Heidentum
fallen teilweise so unterschiedliche Religionen (oder
Lebensanschauungen) wie Wicca, Druidentum, Schamanismus,
Asatru/Vanatru, Satanismus (?), keltisch orientierte
Heiden, griechisch orientierte Heiden, ägyptisch
orientierte Heiden und viele andere mehr. Was diese
Religionsgruppen gemeinsam haben, ist ihre Verehrung der
Natur. Ihr Glaube an die Kraft der Natur und der jedes
einzelnen Wesens in ihr. Ihr Wissen darum, dass jeder
Mensch, jedes Tier, jede Pflanze und jeder noch so kleine
Organismus ein Teil des großen göttlichen ist. Die
Götter der Heiden sind keine übernatürlichen Wesen,
die in einem fernen Himmelreichwohnen, sie sind überall
in der Natur, manifestieren sich in jedem Baum, jeder
Blume, jedem Tier...
3. Ach so... aber
an welche Götter glauben denn die Heiden, oder ist das
heute ganz anders als früher?
Im großen und ganzen ist Heidentum eine polytheistische
Religion, obwohl sich dies nicht verallgemeinern lässt.
Viele Heiden glauben an mehrere Götter, die sich in
verschiedener Weise in der Natur manifestieren (wie
Sonnengötter in der Sonne, Mondgöttinnen im Mond,
Sturmgötter im Wind...), andere glauben zwar auch an
viele Götter und Göttinnen, sehen diese jedoch
lediglich als vermenschlichte Masken oder
Erscheinungsformen des einen Göttlichen an. Es gibt
Heiden, die verehren ein bestimmtes Pantheon, griechisch
orientierte Heiden die Olympier (Zeus, Athena etc),
keltisch orientierte, die Götter der Kelten (Dagda,
Morrigan...), ägyptisch orentierte Isis und Co., Asatru
die nordischen Götter (Asen wie Odin und Thor, Vanen wie
Freyja und Frey). Es gibt andere Heiden, die glauben an
die universelle Polarität in der Welt und verehren
deshalb immer den Gott und die Göttin zusammen (wie die
meisten Wiccas), dann gibt es Heiden die verehren nur
eine bestimmte Gottheit (als ihre Schutzpatronin, ihren
Schutzpatron) der vorchristlichen Zeit, es gibt Heiden
die verehren überhaupt keine Götter, aber glauben an
die Beseeltheit der Natur (beseelte Bäume, beseelte
Steine etc), einige komunizieren mit Geistern oder Elfen,
oder bestimmten Totemtieren (wie im Schamanismus).
Heidentum ist eine sehr freie Religion. Es gibt so gut
wie keine Gesetze oder Glaubensgrundsetze, die man
zwingend befolgen muss um wirklich Heide zu sein.
4. Welches sind
die Feiertage im Heidentum?
Was alle Zweige des Heidentums, ob nun als Religion oder
Weltanschauung betrachtet, gemeinsam haben ist das Rad
der Feiertage: Imbolc (2. Februar), Ostara (31. März),
Beltane/Walpurgis (30. April), Mittsommer (21. Juni),
Lughnasadh/Lammas (1. August), Mabon (21. September),
Samhain (31. Oktober), Yule/Jul (21. Dezember). Diese
Feiertage haben ihren Ursprung tatsächlich in der
vorchristlichen Zeit und viele dieser sogenannten
Sabbattage wurden von den Christen einfach übernommen
und sozusagen christsianisiert. So ist z.B. das Yulefest,
das um den 21. Dezember liegt zum Weihnachtsfest gemacht
worden. Auf die nähere Bedeutung dieser Feiertage werde
ich in meinem Book of Shadows näher eingehen.
5. Sind Heiden
Hexen?
Diese Frage ist so ziemlich das gleiche als würde man
fragen "Sind Christen Katholiken?"
Es gibt Heiden die Hexen sind (und zwar nicht wenige),
aber man ist nicht als Heide automatisch Hexe und als
Hexe nicht automatisch Heide. Man ist auch als Christ
nicht automatisch Katholik, oder?
Hexe zu sein bedeutet Magie auszuüben, und Magie muss
man erlernen. Man kann sich noch so oft Hexe nennen,
Hexen noch so toll finden, und sich noch so doll
wünschen eine zu sein, so lange man keine Magie erlernt
und diese ausübt, ist man auch keine Hexe.
Heide zu sein jedoch hat nichts mit lernen zu tun. Es ist
wie mit jeder anderen Religion auch: Wenn man an die
Lehren der christlichen Kirche glaubt ist man Christ,
glaubt man an die Lehren des Islams so ist man Moslem,
glaubt man an die Lehren des Heidentum (oder eines
bestimmten Zweiges davon) ist man Heide, ganz einfach.
Glaubensbekenntnisse und Einweihungen sind dabei
zweitrangig.
6. Wie werde ich
Heide?
Siehe Frage 5. Sobald du dem Grundgedanken einer Religion
oder Weltanschauung zustimmst, gehörst du praktish dazu.
Willst du einer bestimmten Gemeinschaft beitreten, einem
Coven z.B, musst du unter Umständen bestimmte
Bedingungen erfüllen und an einem Einweihungsritual
teilnehmen (einer Initiation). Wie dieses Ritual
aussieht, ist von Coven zu Coven unterschiedlich. Willst
du weiterhin alleine deinem Glauben nachgehen, kannst du
auf ein solches Ritual verzichten, falls es dir jedoch
etwas bedeutet, es auch selbst vollziehen, eine/n
Priester/in bitten es zu tun, oder darauf vertrauen, dass
die Götter alles nötige erledigen.;)
7. Ist es denn
besser einer Gemeinschaft anzugehören?
Was besser oder schlechter für dich ist, entscheidest du
ganz alleine, denn du bist die/der einzige die/der
wirklich wissen kann was gut für dich ist. Man muss
keinem Coven oder sonstiger Gemeinschaft angehören, um
ein "guter Heide" zu sein. Man muss auch keiner
Kirche angehören um Christ zu sein, und keinem Fanclub
um Fan von Tom Cruise zu sein (Oder Til Schweiger, oder
Angelina Jolie, oder... = ).
8. Ich werde auf
Grund der Tatsache dass ich Heide bin diskriminiert und
gemobbt, was soll ich tun?
Dies ist leider kein seltenes Problem. In einer
Gesellschaft die dem Gruppenzwang unterworfen ist, hat
eine Minderheit (was Heidentum gegenüber Christentum
immer noch ist) die schlechteren Karten. Die meisten
Leute reagieren auf einen Heiden zuerst einmal verwirrt,
weil sie sich darunter nichts vorstellen können.
Bekennende Heiden werden oft nicht ernst genommen, von
gläubigen Christen mit Mißtraun, Ablehnung oder sogar
Hass betrachtet.
Zu erst einmal solltest du dich jedoch selbst fragen ob
die Menschen, die dich mobben und/oder diskriminieren,
dies tatsächlich wegen der Tatsache dass du dich Heide
nennst tun, oder weil sie nur jemanden brauchen auf dem
sie rumhacken können, und in deinem Heidenbekenntnis
eine willkommene Angriffsfläche sehen. Beide Fälle sind
natürlich gleich schlimm, im zweiten Fall jedoch wird
man die Plagegeister oft durch simples Ignorieren (seine
Überlegenheit zeigend) los. Im Fall, dass sie sich
wirklich an deinem Glauben stoßen, kannst du versuchen
zu argumentieren. Versuche zu erfahren, wieviel die Leute
überhaupt über deinen persönlichen Glauben wissen,
denn in den meisten Fällen rührt ihre Intoleranz aus
Unwissenheit. Du wirst vielleicht mit Argumenten
konfrontiert werden wie: "Was bist du für ein
Spinner? Du glaubst tatsächlich an einen gehörnten Gott
der durch die Wälder springt / an eine Sichelgekrönte
Mondgöttin / an die Seele eines Baumes ... das ist doch
kindisch, und völlig unlogisch!!"
Ich selbst habe solche Sätze schon unzählige Male
gehört und antworte meist nur noch mit Standardsätzen
wie: "Woran glauben denn die Christen? An einen
fleischgewordenen Gott, der vom Tode wieder aufersteht,
an eine Jungfrauengeburt, an eine Armee von Engeln, einen
Satan inder Hölle und einem Gott im Himmel, das hört
sich für mich mindestens genauso unlogisch an!"
oder: "Dies sind doch nur Bilder, Metaphern für das
göttliche, wie man es in jeder Religion findet..."
oder ganz simpel: "Glaube hat nicht das geringste
mit logischem Denken zu tun!"
9. Kann ich auch
beides sein, Christ und Heide?
Kommt darauf an wen du fragst. Es steht jedoch kein
Gesetz geschrieben, dass Christen keine Heiden sein
dürfen. Der Gedanke an einen "heidnischen
Christ" lässt mich allerdings zu erst einmal
schmunzeln. Die Frage ist, warum du ein heidnischer
Christ, oder christlicher Heide, oder Heiden-Christ oder
was auch immer, werden willst. Überlege dir, welche
Aspekte des Heidentums sich mit dem christlichen Glauben
vereinbaren lassen und umgekehrt (was nicht gerade viele
sind). Solange du damit leben kannst praktisch zwei
Religionen anzugehören spricht nichts dagegen. Du
solltest allerdings auch daran denken, wie deine
Mitmenschen darauf reagieren (falls das für dich eine
Rolle spielt). Ich befürchte dass ein gläubiger Christ
deine heidnischen Praktiken nicht mit solcher Toleranz
begrüßen wird, wie es vielleicht angebracht wäre.
Umgekehrt ist es natürlich auch so. Es gibt viele Heiden
die das Christentum grundsätzlich ablehnen.
Ich persönlich finde jedoch, dass das Christentum von
seinem Grundgedanken der totalen Nächstenliebe und Liebe
zu Gott eine wundervolle Religion ist. Es sind immer die
Menschen, und nur die Menschen, die eine gute Religion zu
einer schlechten machen, wie sie es mit dem Christentum
von Anfang an mit unglaublicher Hartneckigkeit getan
haben ...
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