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ZSCHOKKE- Ein sanfter Rebell. Erhöhte Waldbrandgefahr

Erhöhte Waldbrandgefahr


Am liebsten würde ich Filme grundsätzlich in Studios drehen. Bücher werden schliesslich auch im Studio, im Kopf hergestellt. Das sogenannte Leben stört jede Kunst.
Matthias Zschokke



Zschokke über den Titel: „Im Film wird er sofort erklärt. Im Titellied bereits, dessen Refrain eben Erhöhte Waldbrandgefahr heisst. Das hat damit zu tun, dass eine der Filmfiguren ein Wettersänger ist, der den Wetterbericht singt. Der Film erstreckt sich über ein Jahr, und da singt immer wieder einer den neuen Wetterbericht, für Januar, Februar und März und so. Und es fängt im Juli an; er singt unter anderem eben davon, dass es sehr heiss sei und erhöhte Waldbrandgefahr herrsche. Das ist das Praktisch-Konkrete. Und dann hoffe ich natürlich auch, dass eine Doppelbedeutung spürbar wird, dass im Klima des Films ein Knistern vorhanden ist."




Zschokke über die Filmhandlung: „ Der Film handelt von Beziehungen, von Liebe vor allem. Wobei die Leute den Weg zueinander immer gerade verpassen. Eine asynchrone Liebesgeschichte. Ich hoffe, dass damit von unserer Zeit und unserer Gefühlslage erzählt wird, von unserer -ich weiss, das ist ein Modewort- sogenannten Vereinsamung, die in unseren Räumen und grossen Städten wächst. [...] Der Film spielt in einer sehr grossen Stadt, die sich vom Mittelmeer -San Remo- bis etwa Moskau und Sankt Petersburg erstreckt. Wenn ich diese Geschichte real -eins zu eins- hätte drehen wollen, wäre das unheimlich zeitaufwendig und teuer geworden und hätte beispielsweise enorme Reisekosten nach sich gezogen. So habe ich mir überlegt, das Ganze zu bündeln. Der Film spielt vor allem in Innenräumen. Da kann man vieles behaupten. [...] Als Meer fungiert der Brienzersee. Der hat sich gut gehalten, in jeder Wetterlage. Wir haben ihn von November bis Hochsommer je einmal ertappt. Erstens hat er eine wunderschöne Farbe an sich, eine ganz erstaunliche Türkisfarbe, im Stil Côte d’Azur. Man muss im Bild -für den See als Meer- halt ein bisschen mogeln, aber das geht gut."


Zschokke über die Produktionsbedingungen: „Ursprünglich sollte das Projekt richtig ausfinanziert werden. Wir haben Produzenten gesucht. So etwas dauert Jahre. [...] So habe ich die Produktion selbst übernommen. Es wäre auch keinem Produzenten zumutbar gewesen, mit den Leuten umzugehen wie ich, also zum Beispiel die Schauspieler zu fragen, ob sie ohne Gage oder zu einer geringen Gage mitspielen würden, einfach aus Interesse an der Sache. [...] Aber ich glaube auch, dass ich das nicht beliebig wiederholen kann. Das kann den Leuten jetzt einmal zugemutet werden. Und auch mir selbst. [...] Ich habe vor allem einen grossen Kompromiss gemacht: die extrem kurze Drehzeit. Viele Kollegen sagten, dass das gar nicht gehen würde, in nur fünfzehn Tagen einen ganzen Spielfilm zu drehen. Es ist ein Versuch, den ich wirklich nicht wiederholen möchte. Die Techniker sind unterbezahlt, die könnten nicht ewig so weiterarbeiten, die Schauspieler auch nicht. Es geht eigentlich nur, weil jeder, der mitmacht, irgendwelche Träume hat und Ideale und denkt, es müsste doch noch etwas anderes geben, als immer nur Geld zu verdienen. Aber auf diesen Träumen kann man nicht ewig herumreiten, das geht einmal, das ist ein Geschenk."
(Aus dem Interview Mit wenig Licht kann man viel verstecken von Hans M. Eichenlaub)



„Mario Massa ist nicht nur die Radiostimme im Hintergrund, sondern auch eine der drei Hauptfiguren [...]. Täglich trifft er beim Schwimmen seinen Freund Doktor Siano am Strand oder in der dortigen Bar. Hier fragt Siano den Meteo-Sänger, wie er sich verhalten solle angesichts der Tatsache, dass er eine Frau getroffen und ihr zu lange in die Augen gesehen habe; eine jüngere Frau aus anderem Milieu, der man noch einiges von der Welt zeigen könnte [...] Schauplatzwechsel. In einer seltsamen Klinik unterzieht sich Susanna zwecks Aufbesserung ihrer Finanzen einer eigenartigen Testreihe, in deren Verlauf weder Sonne noch Luft an ihre Haut dürfen. So liegt die junge Frau bandagiert, als hätte sie Brandverletzungen, im Bett. Sie liest im Buch Erhöhte Waldbrandgefahr von Fünfzigjährigen, die am Morgen schwimmen gehen (wie Siano und Massa), von Sommer und Hitze, die ihr erst einmal verwehrt bleiben. Erst später wird klar, dass Susanna die Frau ist, welche in Siano dezente amouröse Träume geweckt hat. Die beiden sehen sich in erwähnter Strandbar, in einem Restaurant. Siano bemüht sich bei jedem Treffen um eine Verabredung mit der Frau, will sie ins Theater führen, zum Spazieren oder so. Sie scheint seine Vorschläge stets sorgfältig abzuwägen, sagt dann aber immer nein, will ihre Begegnungen von Zufällen diktiert wissen. Erhöhte Waldbrandgefahr erzählt über rund ein Jahr vom Fortgang der nicht recht in Schwung kommenden Romanze zwischen dem angegrauten Intellektuellen und der jungen Gelegenheitsarbeiterin und vermischt diesen Erzählstrang mit weiteren Episoden. [...] Den Personen im beachtlich gespielten Film -die so etwas wie alte Bekannte aus Zschokkes literarischem Werk sind- scheint ein Zusammenfinden unmöglich. So, als lebten sie je allein auf Planeten, deren Umlaufbahnen sich in guten Momenten wohl annähern, die aber nicht wirklich aufeinandertreffen können. Alle -ausser den Freunden Massa und Siano- reden fast ständig aneinander vorbei, am stärksten auf sich selber konzentriert erscheint dabei Susanna. Die Sätze, die wie gedruckt von den Lippen der Figuren kommen, sind im einen Moment von geradezu umwerfender Banalität, um im nächsten genau in ebendieser ein Stück Wahrheit auszumachen. [...] In seiner Struktur folgt der bühnenmässig inszenierte Film keinen kinoüblichen Bahnen, ist vielmehr eine Art Puzzle, das eher Stimmungen auf die Leinwand bringt und Assoziationsfelder öffnet, als eine fortlaufende Geschichte erzählt. Erhöhte Waldbrandgefahr ist also kein filmisches Beziehungsroulette der gängigen Art, sondern ein schräges Kinostück, dessen Episoden der Regisseur geschickt zusammenbringt, dessen Dialoge von sanftem Witz, manchmal aberwitzig sind."
(Judith Waldner)

„Der Sänger ist ein Star, seine faszinierenden, atonalen Songs laufen ständig im Radio und kommentieren auf ironische Weise die Handlung. Selten wurde Wetter schöner und komischer besungen als in diesen Liedern, deren Texte ebenfalls dem Montageprinzip gehorchen. Sie vermischen Versatzstücke der meteorologischen Tagesdaten, Schwüle und Schweissausbruch mit Alltagsbeobachtungen, sie geben lakonisch zerrissenen Gefühlen und Wahrnehmungen Ausdruck, die auch die Protagonisten bestimmen: der Wetterbericht als Grundlage einer postmodernen Condition humaine."
(Mathias Heybrock)



„...ein exotischer Cocktail aus Varieté, Comic strips, Short Stories und Trivialliteratur."
(Hanspeter Rederlechner)


„Ein trauriger, lustiger, erwachsener Film."
(Matthias Zschokke)




ERHÖHTE WALDBRANDGEFAHR (Orginaltitel), L (Land) Schweiz, J (Jahr) 1996, P (Produktionsfirma) R-Film, Länge: 94 Minuten, FSK: -, Erstaufführung: 1997 Pd (Produzent) Adrian Zschokke, R (Regie) Matthias Zschokke, B (Drehbuch) Matthias Zschokke, K (Kamera) Adrian Zschokke, M (Musik) Rainer Rubbert, Stephan Wittwer, S (Schnitt) Ian Mathys, D (Darsteller) Joachim Dietmar Mues, Roeland Wiesnekker, Pia Waibel, Ingrid Kaiser, Christine Schorn, Dieter Laser


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