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Unser Stadt- und Pfarrpatron


von Monsignore Dr. Franz-Ludwig Greb
Erstdruck im "Lambertus-Bote" (07/1972)

Am 23. Juli feiert die Kirche das Gedächtnis des hl. Apollinaris. Nach der Legende kam er mit dem hl. Petrus von Antiochien nach Rom und wurde von ihm als erster Bischof von Ravenna eingesetzt. Durch Eifer und Frömmigkeit und beglaubigt durch Wunder, baute er dort eine blühende Christengemeinde auf. Dadurch erregte er den Haß der heidnischen Priester, die ihn vor Gericht brachten. Er wurde gefoltert, geschlagen und schließlich aus der Stadt verbannt. Später kehrte er wieder dorthin zurück und erlitt den Martertod. Vor der Mauer der alten Hafenstadt ist er begraben worden. Heute erhebt sich über seinem Grab die 549 im Auftrage von Erzbischof Ursicino von Julian Argentario erbaute Basilika St. Apollinaris in Classe, die zu den bedeutendsten alten Kirchen Ravennas zählt und wegen ihres Baustils und ihrer herrlichen Mosaiken weltberühmt ist.

Die Verehrung des hl. Apollinaris war ursprünglich auf Ravenna beschränkt. Im 5. Jahrhundert dehnte sie sich auf Oberitalien aus und kam durch die Karolinger nach Frankreich und Deutschland. Für uns ist interessant, daß Kaiser Otto III. in Burtscheid bei Aachen eine Abtei gründete, die dem hl. Apollinaris geweiht war. Hier wurden auch die Reliquien eines hl. Apollinaris verehrt. Um 1250 wurde die Abtei umgewandelt und eine Kirche zu Ehren des hl. Johannes des Täufers gebaut. Damals hat man offenbar die Reliquien dieses hl. Apollinaris nach Remagen gebracht, wo die Abrei am Michaelsberg Weinberge besaß. In der Folge bekam dann der Michaelsberg - sogenannt nach einer Kapelle zu Ehren des hl. Erzengels Michael, die auf der Höhe stand - den Namen Apollinarisberg. Schon bald verbreitete sich die Verehrung des hl. Apollinaris am Mittelrhein aus, und auch heute noch finden den ganzen Juli über Wallfahrten nach Remagen zum Haupt des Heiligen statt.

Das Fest des hl. Apollinaris wird, wie schon gesagt, am 23.7. gefeiert. Am 24.7., dem darauffolgenden Tage, feiert die Kölner Erzdiözese die Übertragung der Gebeine der Heiligen Drei Könige nach Köln. Als Kaiser Barbarossa 1162 Mailand eroberte, zerstörte, schenkte er die dort verehrten Reliquien der hl. Drei Könige und der Märtyrer Nabor und Felix seinem Kanzler Reinald von Dassel, Erzbischof von Köln. Dieser ließ die kostbaren Pfänder im Triumphzug über die Alpen tragen und dann in festlich geschmückten Schiffen den Rhein hinab nach Köln bringen, wo sie am 24.7. ankamen. Die Tagesdaten haben dann die Legende entstehen lassen, daß mit den Schreinen aus Mailand auch die Reliquien des dort ebenfalls verehrten Apollinaris übertragen worden seien, daß aber dann bei Remagen die Schiffe wunderbarerweise mitten im Strom stehen geblieben seien, und daß sie erst weiterfuhren, nachdem die Gebeine des hl. Apollinaris an Land gebracht worden seien. Die Legende findet sich erstmalig 1463 bei Theodor Pauli, Prior zu St. Vincent in Gerinchem, Holland. Danach wären also die Schiffe am 23.7. in Remagen gewesen, am 24.7. in Köln eingelaufen. Aber abgesehen davon, daß in den Berichten über die Einbringung der Gebeine in Köln nirgends von Apollinaris die Rede ist, beginnt die Verehrung in Remagen auch erst rund 100 Jahre später.

Wie kommt nun Düsseldorf zu diesem Heiligen als Stadtpatron? Nun, der eigentliche, wahre Vater der Stadt ist der Herzog Wilhelm I., dem auch die Lambertuskirche ihre heutige Gestalt verdankt. Der im Äußeren bewußt schlicht gehaltene Bau sollte im Inneren einen überraschenden Reichtum bergen und so ein Bild der Kirche überhaupt darstellen. Darum hat er ein riesiges Vermögen ausgegeben, um die Kirche mit Reliquien auszustatten. Ihm verdanken wir nicht nur eine große Kreuzpartikel, die der Papst Kaiser Otto I. bei der Kaiserkrönung schenkte, die dieser an seinen Bruder dem hl. Bruno, Erzbischof von Köln, weitergab, sondern auch die Reliquien des hl. Willeikus, Freund und Nachfolger des hl. Suitbertus, auf dessen Initiative hin die erste Kapelle an der Stelle der heutigen Lambertus-Kirche gebaut wurde. Er erwarb auch eine Arm-Reliquie des Apostels Thomas, die Reliquien des bekannten „Eisheiligen" Pankratius und vor allem die des hl. Apollinaris. Remagen gehörte seinerzeit zur Abtei Siegburg. Als Herzog Wilhelm in eine Fehde mit Siegburg verwickelt wurde, überfiel er von Sinzig aus Remagen, eroberte die Stadt und brachte die Reliquien des hl. Apollinaris 1383 als kostbare Siegesbeute in seine Residenzstadt Düsseldorf. Damit er sie nicht mehr herauszugeben brauchte, ließ er seine guten Beziehungen zum Papst spielen und erreichte, daß dieser den hl. Apollinaris zum Stadtpatron von Düsseldorf erklärte. Das Haupt des Heiligen befand sich beim Überfall auf Remagen nicht in der Stadt, sondern auf Burg Landskron. Es ist in Remagen geblieben und wird dort immer noch verehrt. Nach dem napoleonischen Krieg war es vorübergehend auch in Düsseldorf. Bei dieser Gelegenheit stifteten die Düsseldorfer Katholiken das silberne Kopfreliquiar, in dem es heute aufbewahrt wird.

Als Stadtpatron wurde natürlich das Fest des Heiligen am 23. Juli besonders gefeiert, ja es wurde der Hauptfeiertag Düsseldorfs. Seiner Fürbitte und seinem Schutz war die Stadt anvertraut. Darum wurden an diesem Tag seine Gebeine in feierlicher Prozession durch die Straßen getragen und zwar von den Schützen, die ja für den Schutz verantwortlich waren und somit sich besonders dem Patron der Stadt verbunden fühlten. Und da im katholischen Denken Leib und Seele zusammengehören, Gott und Welt, Religion und Leben nicht getrennt werden können, so gehörten auch kirchliche Festfeier und weltliche Festfreude zusammen. So wurde der Apollinaristag zum Kirmestag und noch heute ist die im Juli stattfindende Kirmes mit dem Festtag des Heiligen verbunden. An diesem Tag tragen nach wie vor die Schützen die Reliquien durch die Altstadt, halten sie am Sonntag ihre große Parade ab; daß die Feier sonntags und nicht am Wochentag des Festes stattfindet, ist die einzige Änderung in der Neuzeit; schießen sie ihren Schützenkönig aus, ist die Feier des Stadtpatrons ihr besonderes Fest, ja eigentlich noch immer das Fest der ganzen Stadt, wenn auch die meisten den wirklichen Grund der Kirmes nicht mehr kennen.

Seit 1394 ist St. Apollinaris unser besonderer Stadtpatron. Schon Herzog Wilhelm I. schenkte den Reliquien einen kostbaren Schrein aus Gold und Silber, mit Edelsteinen verziert. Als Wilhelm „der Reiche" seinen Krieg um Geldern gegen den Kaiser verloren hatte, griff er auf die Kirchenschätze zurück, um die horrenden Kriegsschulden zu bezahlen. Fast 200 Jahre mußten sich die Gebeine mit einer Holzlade begnügen, bis 1665 Phillip Wilhelm, der Vater Jan Wellems, den heutigen, prächtigen Schrein stiftete. In ihm liegen nun die Gebeine eines heiligen Apollinaris, gewiß - sicher aber nicht die des hl. Apollinaris von Ravenna, denn die liegen noch immer in Classe, Ravenna. Dennoch ist dieser unser Schutzpatron. Daß in unserem Schrein nicht seine Gebeine sind, ist für uns unwesentlich. Der Schrein mit seinen Reliquien verweist nur auf den Martyrerbischof von Ravenna. Das ist seine Funktion und darum ist er uns sakral. Und weil er diese Funktion seit mehr als einem halben Jahrtausend an unseren Vorfahren erfüllt hat, ist er uns eigen und ehrwürdig. Als Phillip Wilhelm die ihm von Gustav Adolf gestiftete „Schwedenmonstranz" der Kirche vermachte, ließ er eine Figur des hl. Apollinaris in die Monstranz einsetzen. Wir fragen ja auch nicht, ob diese Figur portraithaft den hl. Apollinaris von Ravenna zeigt. Auch diese Figur verweist auf den Heiligen.

Ihm, dem Martyrerbischof von Ravenna sind wir anbefohlen, ihn bitten wir seit Jahrhunderten um Schutz. Wir haben diesen Schutz in der Geschichte immer wieder erfahren. Sonst stünde unsere Stadt nicht so da, wie heute. Danken wir ihm dafür und bitten wir vertrauensvoll, daß er auch weiterhin uns und alle Mitbürger als Anwalt bei Gott vertritt und wir auch in Zukunft seine Fürbitte erfahren.




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