Site hosted by Angelfire.com: Build your free website today!

Pat Jabbar Interview

September 1999, interview made by sergiusz l.

>wo, wann etc bist du geboren?

Bin 1965 in Hamburg - D geboren, aber in Basel - CH aufgewachsen ...

>Die Frage ist nicht ohne Hintergrund, Dein Vorname klingt nicht arabisch. Dein name doch

Das ist mein "Moslemischer" Name, von "Abdeljabbar" kommend, den mir Freunde in Marokko gegeben haben und mich seit dann auch so nennen.

>In den wenigen net-quellen habe ich gelesen, dass du ein Schweizer bist
Erleuchte mich bitte

Das stimmt, ich habe nen Schweizer Pass, aber mein Blut ist 1/2 CH, 1/4 French, 1/4 Russian ... und im Herz halt schon mindestens zu 50% Maghrebi....

>daraus ergeben sich andere fragen
wenn du deine wurzeln in maroko hast, dann ist es selbstverstaendlich, dass die arabische musik (ein zu allgemeiner begriff - entschuldige) fuer dich der grund ist

>wenn nicht, dann ist es ja eine frage: warum?
wo hast du musik gelernst?/studierst?
dann kann es natuerlich eine frage nach deinen inspirationsquellen folgen. musikalicher und nicht-muikalischer natur.
Beide interessieren mich sehr.

Früher in den 80`s, hatte ich in verschiedenen Noise, Industrial, Ska, Punk etc..- Projekte/Bands mitgewirkt, fand aber mit der Zeit, dass sich alles sehr schnell tot läuft und die ewigen Wiederholungen und Plagiate wurden mir einfach zu lanweilig. Als ich dann 1984 zum ersten mal Arabische Musik während eines Israel Trips entdeckte, wusste ich, dass da neue Dimensionen zu erforschen sind... Da sich aber der Kontakt zur Arabischen/Palästinensischen Bevölkerung als ziemlich unmöglich erwies (Intifada-Zeiten,Bullen,Militär etc).., wollte ich unbedingt mehr erfahren und bin so 1985 zum ersten mal nach Marokko gefahren, wo ich auch gleich ein paar Musiker kennen gelernt habe.
Aus Percussion/Rap Jams an diversen Stränden, entstand dann auch die Idee mit den Leuten eine neue Band zu gründen. Der AKJE Vorläufer war geboren.
Ein Jahr drauf, haben wir dann nen Gitaristen, Geige und Vocals miteinbezogen und für ein Basler Industrial Label (Vision) den ersten Song mit ner 4 Spur Tape Maschine aufgenommen, der dann auf einer Tape Compilation erschienen ist.
Die Qualität der Aufnahme war natürlich total mies und wir beschlossen die nächste Aufnahme in einem "echten" Studio zu versuchen... In Agadir wurde dann "El Buya" 1988 aufgenommen. Zurück in Basel, brauchte ich für den Mix ein Studio, dass den technischen Normen von Agadir entsprach... So habe ich Fido getroffen, der hier ein paar Geräte besass und schon einige lokale Bands produziert hatte.

>Du hast ziemlich viel von deinem musikalischen weg gesagt. Kannst du das begriff „shabee” naeher erklaeren?

Shabee kommt vom Wort "Shabab", was soviel bedeutet wie das Volk. Es ist eigentlich die populärste Stilrichtung, eng mit alten traditionellen Wurzeln verbunden.

>Und in ein paar key-words deine musik beschreiben?

Wenn schubladisieren dann : Fusionen zwischen Dub, Ambient, Reggae, House, Noise etc... gepaart mit Shabee, Rai, Gnawa, Melhoune, Jeel etc...

>In dem inlay von el Buya gibt es einen zitat von Bowles. Ein anderer Guru der Avant-Garde, William Burroughs, lebte auch lange in Maroko. Das was sie in der literatur machten, versuchen auch die musiker der avant-garde jetzt machen. Eine Art. der Meta-Musik, eine vielfaeltige mischung der stils und gattungen, die noch nie in solcher dimenssion gemacht worden ist (Laswell, Zorn etc.). Du vertrittst auch mehr oder weniger diese Richtung (oder fuehlst du es anders?). Ist das die zukunft der musik? Ein multikultureller trance? Eine neue Qualitaet? Gibt es hier kein gefahr, dass es alles zu einer oberlaechichkeit fuehern wird, und die Verschiedenheiten versinken irgendwohin in dieser meta-sprache?
Ist es nicht so, dass es „the end of the words” (Burroughs) ist?

Mag schon sein, dass multikulturelle Tendenzen ziemlich "fashion" geworden sind, aber ich sehe das als eine ganz normale Entwicklung, die nötig war um vom üblichen Trott loszukommen. Man kann sich natürlich dann überlegen, welche Produktionen welchen Stellenwert einnehmen sollen und differenzieren was wirklich Glaubwürdigkeit besitzt und was für einen gewissen Zweck erzwungen wurde...
Wir haben aber kaum das Gefühl, dass wir jetzt in einer gewissen Szene einzuordnen wären, nur weil wir Marokkanische Musik weiterentwickeln.

>Auf wen zielst du mit deiner musik? Wenn du ueberhaupt auf jemand zielst.

In aller erster Linie muss der Sound uns selber gefallen. Wenn dann natürlich auch andere Leute daran Gefallen finden ist das um so besser, aber wir zielen nicht auf ein spezifisches Publikum...

>Soll deiner meinung nach deine musik gehoert, getanzt werden, oder einfach trance und joy erwecken?

Ich glaube das ist jedem selber überlassen wie eine Person die Sachen aufnehmen will, je nach Moment, je nach Ort etc.
An einer Party wird sich natürlich jeder eher auf den Groove konzentrieren als auf z.B. auf politische Inhalte. Ein Araber od. jemand der Arabisch versteht wird zuerst die Wörter festhalten und dann den Kontext zum Beat verstehen...

>Wie kam es zu deiner begenung mit laswell? Ist diese etappe schon geschlossen oder gibt es noch plaene etwas weiteres zu machen?

Im Sommer 1992 waren wir in Tanger, um bei Paul Bowles einen Journalisten des "Miami Herald" zu treffen.
Er war ein guter Freund von Laswell und empfahl uns, ihm "El Buya" zu senden. Laswell mochte den Sound und wollte wissen ob dies eine feste Band od. nur ein Studioprojet war. Als wir dann erklärten, dass das zweite Album soeben aufgenommen wurde, war er einverstanden es zu produzieren. Diese Erfahrung war wirklich sehr imposant... zu sehen wie jemand, der die Songs noch nie gehört hatte, beim 2ten hören gleich sein Bass aufnahm und beim 3ten mal den Mix schon drin hatte...
Es hat uns auch geholfen jenste Türen zu öffnen und eine gute Medienpresenz zu erlangen...
Auch die Arbeiten um Sapho und Ahlam waren sehr lehrreich... und wir hoffen bald wieder mit ihm zu arbeiten (sehr wahrscheinlich die 3te Argan, die voll Trash-Metal-Trip-Hop werden wird),

>Ist Barraka el Farnatshi deine eigene Firma,?

Als der Mix aller Titel in 12 Stunden fertig war, haben wir erstmals nach Labels etc. ausschau gehalten. Zu der Zeit, waren alle in Frage kommenden Labels auf m`Algerischen Rai oder Europop a la Dissidenten Trip. Keiner wollte was davon wissen (obwohl dann ein paar Jahre später sich einige wieder gemeldet hatten...too late...) So beschlossen wir das eigene Label zu gründen, vorerst mit der Absicht nur ein Album rauszugeben. Glücklicherweise konnten wir von Anfang an über Rec Rec- Zürich ein gutes Vertriebsnetz aufbauen und die Reaktionen der Medien wie die Verkäufe gaben uns den Kick weiter auszubauen...
Zur selben Zeit hat sich in Marrakech rumgesprochen, dass da ein TypAufnahmen macht, produziert etc...
So war der nächste Schritt nicht mehr weit um andere Künstler unter Vertragzu nehmen... = Ahlam "Rev.Aig.Reas."
Etwa zur selben Zeit, entstand dann auch der Kontakt zu Bill Laswell, derdie weiteren Türen geöffnet hatte... = Tourneen mit AKJE, Sapho, etc..

>deine familien-umgebung?

Coole Eltern und Schwestern, die mich immer unterstützt haben und durch de Marokkanischen Einfluss (Traditioneller Famillenwet, etc..) irgendwie halt auch indirekt mitgezogen wurden...

>dein freundenkreis?

Halt mehr Musikorientierte Leute in CH, und kreuz und quer durch alle
Gesellschaftsschichten in Maroc.

>deine weltanschauung, kurz und allgemein?

Wäre zuviel jetzt um in die Details zu gehen, aber halt schon sehr von der Nordafrikanischen Kultur-Romantik- etc beinflusst.. (Stellenwert und Sinn der Famillie; der Respekt der Frauen, der hier oft total missverstanden wird; "Weltoffener Islam"; der ganze Fatalismus; etc)...
Irgendwie fusioniert mit meinen Ideen und Einflüssen aus der Westlichen Welt (wenn manchmal halt auch paradox und widersprüchlich)...
Auf jeden Fall, sehe ich das Leben als vorübergehende, temporäre physisch Existenz (Schicksal), von Allah vorbestimmt, mit deinen eigenen Freiheiten, deinen eigenen Weg auszuwählen... Sachen zu bewegen, zu verändern, zu
zerstören, aufzubauen, zu kanalisieren etc...

>eine komische sache hab ich auf einem cd gefunden, es ist al bharr von amira saqati
in dem letzten tune (nothing but water again) gibt es einen fragment von der polnischen speach
es war eine karikatur der polnischen satyriker Jacek Fedorowicz, der unseren damaligen praesidenten Walesa parodiert hatte.
Und der titel! haha

Wow... das habe ich nicht gewusst ... reiner Zufall, Fido hat so einige DAT`s mit ziemlich abgefahrenen Radio Stimmen-Aufnahmen, die wir manchmal sampeln und verfremden oder so wie sie sind, in Tracks einbauen...

>es war vielleicht ein zufall dass ich eure musik gefunden habe

Es gibt keine oder nur äusserst selten Zufälle im Leben.
Everything is Mektoub (Destiny)....

>friede sei mit euch

Mit euch sei Friede

TALLAFRASK