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Beseitigung der Flutschäden

Kurden packen jeden Tag kräftig zu

Männer helfen mit - Seit Ende August in Eilenburg im Dauereinsatz

Von Martina Springer


Halle/MZ. Samstag und Sonntag ist Zeit zum Ausruhen. Am Montagfrüh dann steigt Kerim Hussiyn Mohammad wieder in den Zug nach Eilenburg. Nicht allein, sondern mit einer ganzen Gruppe. Wenn der Schaffner die Fahrkarten kontrolliert, werden die Männer keine einzelnen Tickets vorzeigen, sondern ein A 4-Blatt. Ihre Namen sind darauf, außerdem der Stempel der Stadt Eilenburg und die Unterschrift der Bürgermeisterin. Damit wird bescheinigt, dass die Männer täglich in der sächsischen Kleinstadt helfen, die Folgen der Flutkatastrophe zu beseitigen.

Kerim Hussiyn Mohammad ist Kurde und im Irak geboren. 1995 musste er das Land verlassen, lebt seitdem in Deutschland - mit einem Daueraufenthaltsrecht. Die beiden

jüngsten seiner acht Kinder sind bereits in Halle-Neustadt geboren, wo die Familie seit 1996 wohnt. Sie habe sich nicht nur gut eingelebt, so der heute 39-Jährige, "sondern Deutschland ist unsere Heimat geworden". Deshalb sei er genau wie die Deutschen schockiert gewesen über die Bilder aus den Hochwassergebieten. "Wenn man das Elend sieht, weiß man gar nicht, was man sagen soll. Man weiß nur, dass man in dieser Situation helfen muss."

Der gelernte Baggerfahrer griff also einige Male zum Telefonhörer. Er rief seine Brüder an - einer wohnt im selben Haus, ein zweiter in der nächsten Nachbarschaft - sowie andere kurdische Familien aus Neustadt. Alle seien sofort bereit gewesen zu helfen. Über die Hochwasser-Hotline erfuhren sie: In Eilenburg werden kräftige Hände zum Zupacken gebraucht. Und so setzen sich seit dem 28. August nahezu täglich zwischen neun und zwölf kurdische Männer in den Zug und unterstützen jene, die von der Jahrhundertflut bis ins Mark getroffen wurden.

"Meist teilen wir uns auf einzelne Familien auf, stemmen in beschädigten Häusern Wände weg, reißen Fußböden raus, versuchen Keller trocken zu legen", erzählt Hussiyn Mohammad. "Wir helfen auch bei der Reinigung der Straßen, holen sauberes Wasser, verteilen Essen, entleeren Sandsäcke." Kurzum: Es werde getan, was nötig ist. "Und wir arbeiten noch so lange dort, wie wir gebraucht werden."

Natürlich legt er auch zu Hause die Hände nicht in den Schoß, sagt Hussiyn Mohammad, und zum ersten Mal stiehlt sich ein Lächeln in sein Gesicht. "In einem Zehn-Personen-Haushalt gibt es immer zu tun." Auch in der Schule, die mehrere seiner Kinder besuchen, greife er häufig zu, führe kleinere Reparaturen aus, sorge auf dem Hof mit für Ordnung. Natürlich, sagt der Kurde auch und lächelt nun nicht mehr, hätte er gern einen festen Job. Er besitze eine Arbeitserlaubnis, doch eine Anstellung zu finden, sei sehr schwer.

Vorerst haben er und seine Landsleute in Eilenburg noch viel zu tun. Und das sei keine einseitige Sache, betont Hussiyn Mohammad. Er unterstütze dort nicht nur andere Menschen, ihm werde auch etwas gegeben: das Gefühl, gebraucht zu werden. "Man fühlt sich einfach gut, wenn man helfen kann."


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