Geschichte und Vorkommen
Zwar kann Deutschland, abgesehen von vernachlässigbaren Vorkommen in eiszeitlichen Sedimenten aus Skandinavien, kaum auf Diamantenlagerstätten hoffen, doch gibt es als Ersatz hierfür einige sensationelle Vorkommen hochreiner Doppelender- und Szepterquarze, deren Glanz und Habitus so manchen Diamanten in den Schatten stellen. Einige dieser Lagerstätten befinden sich in dem
niedersächsischen Landkreis Schaumburg, nahe der alten Weserstadt Rinteln. Von hier aus erstreckt sich der Taubenberg in südöstliche Richtung, in dessen Gesteinen der begehrte Edelstein vorkommt. Auch entlang der Höhenzüge des Extertales, sowie in den Flußschottern der Exter, die bei Rinteln in die Weser mündet, kann der "Schaumie", wie er von ortsansässigen Sammlern genannt wird, gefunden werden.
Berühmt
war der Schaumburger Diamant schon zur Zeit unserer Vorfahren, soll doch
schon der Fürst der alten Grafschaft von Schaumburg-Lippe angeblich
seine Krone mit diesen Steinen geziert haben. Und es ist anzunehmen, daß
holländische Händler, die den als "Bremer Sandstein" berühmten
Bau- und Werkstein, aus dem nahe gelegenen Obernkirchen zu importieren
versuchten, auch auf die Schaumburger Diamanten aufmerksam wurden und von
ihrem Glanz in Antwerpen und Amsterdam, den Diamantenmetropolen, berichteten.
Form, Farbe, Aussehen und Eigenschaften
Im Gegensatz
zum echten Diamanten, der aus 100% kristallinen Kohlenstoff besteht, ist
der Schaumburger Diamant aus Quarz, also aus Silizium und Sauerstoff zusammengesetzt.
Seine Härte beträgt nach der Mohsschen Skala 7. Seine Strichfarbe
ist weiß. Er bricht muschelig, ist sehr spröde und weist keine
Spaltbarkeit auf. Einen schwachen, ins rötlich gehenden Plechroismus
weisen nur die angerauchten Exemplare auf. Die Größe schwankt
von einem bis zu 35 Millimetern und in der Form und Farbe gibt es zahlreiche
Variationen. Während manche Sammler allein den seltenen, sogenannten
Szepterquarz als Schaumburger Diamanten bezeichnen, lassen andere (so die
hannoverschen Geologen GROETZNER und MUTTERLOSE; 1981) auch schon die etwas
häufiger anzutreffende Doppelender- und Bergkristallstufen als Schaumie
gelten. Allen Kristallisationsformen eigen ist die vollkommende Klarheit
der Quarze, in denen sich fast nie Verunreinigungen oder Inklusionen nachweisen
lassen. Bergkristalle zeichnen sich durch die gleichmäßige Ausbildung
der sechs Längsflächen aus. Doppelenderkristalle verfügen
über eine absolut genaue Symmetrie und sind nicht selten graudiamantglänzend
angeraucht. Über die Ursache dieses Raucheffekt besteht Streit, da
mancher Autor ihn auf Spurenrückstände von Mangan- und Eisenoxid
zurück führt, während andere Experten dafür Deformationen
des Kristallgitters verantwortlich machen, die durch kurzwellige atmospärische
Strahlung verursacht wurde.Der Habitus der Szepterquarze wird durch das
Zusammenspiel zweier Bergkristallspitzen erklärt, die sich gegenseitig
durchdringen und deren zwei Spitzen dann als ein gemeinsames Kristall weiterwachsen.
Manche Szepter sind symmetrisch, andere asymmetrisch ausgebildet. Oft sind
sie aus Platzmangel in ihrer Druse verzerrt.
Geologie
Die Bildung der Schaumburger Diamanten galt lange als kurios, galten Bergkristalle und Rauchquarze doch als Mineralien der Erstarrungsgesteine und nicht der Sedimente. Der gesamte Raum Schaumburg wird jedoch aus Sedimenten des Erdmittelalters gebildet, so daß es dort eigentlich gar keine Quarze geben dürfte. Erst in den sechziger Jahren setzte sich die Erkenntnis durch, daß es auch zur Bildung sedimentären Bergkristalls kommen kann, dessen Ursubstanz, das Silizium, aus den Chitinpanzer von Billionen kleinster Lebewesen (Radiolarien und Kieselalgen) stammt. Diese lagern sich am Boden der Meere oder Seen ab und können dort ganze Schichten ausmachen, aus denen sich gelartige Kieselsäure ausfällen kann (Opal, Feuerstein) die durch ganze geologische Schichten wandern kann. Auch aus sandigen und Sandsteinschichten können sich durch chemische Prozesse siliziumreiche Lösungen bilden, die sich anderenorts ablagern.
Die Kristallisation
der Schaumies erfolgte dementsprechend in zwei Stufen. Zur Zeit des ausgehenden
Trias in der Abteilung des Keuper vor ziemlich genau 200 Millionen Jahren
befand sich im Raum des Schaumburg-Lippischen Berglandes ein in Phasen
eindampfendes Flachmeer, bzw. eine brakige, lagunäre Seen- und Flußlandschaft.
Bereiche des Festlandes waren durch feuchttropisches Klima geprägt.
Auch die Abteilung des Keuper wird noch einmal in den Unteren Keuper (Lettenkeuper),
den Mittleren Keuper (Gipskeuper) und den Oberen Keuper (Rät) unterteilt.
Und in jene Phase des Gipskeuper (km4, da auch er noch einmal in 4 Phasen
unterteilt wird) kam es zur Ablagerung von Gips-, Mergel- und Sandsteinen.
Sie entstanden aus dem Bodenschlamm großer Binnenseen bei trockenen,
tropischen Klima. Die Gipsmineralien waren oft in Form von Lagen und Knollen
in Mergelsedimenten angereichert und legten damit die Architektur der späteren
Quarzdrusen und -horizonte fest, in denen sich der Schaumburger Diamant
verbirgt. Es sollte jedoch noch 70 Millionen Jahre dauern, bis die Edelsteine
sich in der Kreidezeit anfingen auszukristallisieren. Zu jener Zeit begannen
die bis dahin horizontal liegenden Schichten der Keuperplatte und der Jurazeit
sich großräumig
flach nach Norden zu verkippen. Verantwortlich hierfür waren salztektonishe
Prozesse im Untergrund. In der Folge dieser geologischen Aktivitäten,
kam es zu einer Auslaugung der Gipskonkretionen , so daß die Ton-
und Mergelsteine der km4 Schicht regelrecht von Hohlräumen durchlöchert
wurden. Einher gingen diese Prozesse mit einer Änderung der chemisch-physikalischen
Ladungszustände die eine horizontale Verlagerung kieselsäurehaltiger
Lösungen ermöglichten. Diese gelangten in die frei gewordenen
Hohlräume und kristallisierten dort zu den Schaumburger Diamanten.
Alle diese Prozesse spielten sich im Untergrund des damals ganz Norddeutschland
überdeckenden Kreidemeeres ab. Wie lange die Kristallisationsprozesse
andauerten, läßt sich bisher nicht rekonstruieren. Es sollte
jedoch noch mindestens weitere 100 Millionen Jahre andauern, bis die Schichten
des Keuper das Tageslicht unserer heutigen, der vierten (quartären)
Welt erblickten. Erst mußten noch durch die Arbeit der Erosion, insbesondere
der drei Eiszeiten, die viele hundert Meter mächtigen Schichten der
Jura-, Kreide- und Tertiärzeit abtragen. Die Zeit dieses Auftauchens
mag verantwortlich für eine Zunahme der kosmischen Strahlung in der
km4 Schicht, und damit für Bildung der Bergkristalle zu Rauchquarze
sein?
Heute
finden sich die Schaumburger Diamanten in einem bis zu 50 cm dicken Horizont
der km4 Serie. Die km4 Schicht besteht aus grauen Mergel- und Tonsteinen,
die von einem harten Quarzitband durchzogen wird. Innerhalb dieser Quarzite,
und in Knollen unmittelbar darüber, lassen sich die begehrten Steine
finden. Als Orientierung mag gelten, daß die km4 Schichten sich zwischen
den bunten Ton-Sedimenten der "Roten Wand, km3" und den eher dunklen Schiefertonen,
und den gelbbraunen Sandsteinen des Rät (Oberer Keuper, ko) befinden.
Begleitmineralien (Paragenesen)
In den Hohlräumen in denen die Schaumburger Diamanten vorkommen, werden eine Reihe interessante Begleitmineralien beobachtet:
Calzit: CaCO3, Mohshärte 3, vollkommene Spaltbarkeit, spröder bis muscheliger Bruch, weißer Strich, braust unter Zugabe von HCL kräftig auf. Calzit kommt in Form von gelben Kristallen mit glatten Flächen vor.
Baryt: BaSO4, Mohshärte 3,5, vollkommene Spaltbarkeit, spröder bis muscheliger Bruch, weißer Strich. Baryt (Schwerspat) kommt in Form freigewachsener weißer Flächen und Tafeln bis 10mm Größe vor.
Chalkopyrit (Kupferkies): CuFeS2, Mohshärte 4, unvollkommene Spaltbarkeit, muscheliger bis spröder Bruch, grünschwarzer Strich. Kupferkies kommt in Form bis zu 5 mm großer goldglänzender Körner vor.
Zinkblende: ZnS, Mohshärte 4, vollkommene Spaltbarkeit, unebener-spröder Bruch, braune Strichfarbe. Zinkblende kommt in Form schwarzer, bis 5 mm großer glänzender Kristalle vor
Malachit:
Cu2((OH)2/CO3) Mohshärte 4, vollkommene Spaltbarkeit, splittriger-spröder
Bruch, hellgrüne Strichfarbe. Malachit kommt als Sekundermineralisation
von verwittertem Kupferkies in Form von dunkelgrünen bis 7 mm großen
Büscheln vor. Oft ist Malachit direkt auf Kupferkies aufgewachsen.
Mineraliensammeln im Spannungsfeld der Forstwirtschaft und des Natuschutz
Nach dem
Erscheinen des Führers "Geologische Wanderwege in der Grafschaft Schaumburg"
von GROETZNER und MUTTERLOSE (vergriffen) im Jahr 1980, und Veröffentlichung
des Artikels "Mineraliensammelfahrten im Raum Hannover" von MEYER und DOSTMANN
im Magazin Lapis im Jahre 1984 setzte im Raum Rinteln ein regelrechter
Goldrausch ein, um die begehrten Mineralien zu sammeln. Tausende Hobbymineralogen
suchten seither das Terrain auf, so daß es die örtlichen Behörden
(Forst, Fremdenverkehr, Naturschutz) zum Teil bitter bereuten, jemals die
Fundpunkte im Rahmen eines geologischen Wanderpfades publik gemacht zu
haben. Zwar erhoffte man sich positive Effekte für den Fremdenverkehr,
doch hatte man nicht damit gerechnet, daß teilweise mit Spitzhacke,
Spaten und hydraulischem Gerät nach dem Mineral geschürft würde.
Ganze Schächte und Stollen wurden gegraben um dem höffigen Quarzitband
bis mehrere Meter in den Berg hinein zu folgen. Es kam zu regelrechten
Einstürzen und Baumentwurzelungen, so daß die Forstbehörde
immer wieder eingreifen mußte. Selbst Forstwege wurden unterhöhlt
und "angeknabbert". In der Folge dieser Entwicklungen wurden inzwischen
an einer Reihe von Fundpunkten Verbote aufgestellt. Verstöße
hiergegen werden mit empfindlichen Geldbußen geahndet.
Schaumburger Diamanten im Lichte der Esoterik und Steinheilkunde
Zwar ist
der Aspekt der Edelsteinheilkunde unter klassischen Mineraliensammlern
verpönt, dennoch erfreut er sich regen Interesses eines wachsenden
Publikums. Ausgehend von fernöstlicher Religion und amerikanischen
"New Age" Denkens vermuten Anhänger der Edelsteinheilkunde belebende
Wirkungen auf Energiezentren unseres Körpers. Entsprechend der Lehren,
gibt es im Körper eines jeden Lebewesens Chakren, die den freien Fluß
physikalisch nicht meßbarer kosmischer und irdischer Energien gewährleisten
sollen. Krankheit definieren sie als Blokade dieser Energiezentren. Um
diese Blockaden zu lösen werden je nach Chakra verschiedene Mineralien
eingesetzt. Entweder werden sie direkt aufgelegt, oder aber Elexiere daraus
hergestellt. Entsprechend dieser Lehren sollen Schaumburger Diamanten,
ebenso wie seine amerikanischen Pendants, die Herkimer Diamanten, beschleunigt
in Heilungsprozesse eingreifen. Der Stein soll prinzipiell auf alle Chakras
belebend wirken.