Site hosted by Angelfire.com: Build your free website today!
Schaumburger Diamanten
Die berühmten Edelsteine aus der Grafschaft   Schaumburg
© Christoph M. Brenneisen
 ©

Geschichte und Vorkommen

Zwar kann Deutschland, abgesehen von vernachlässigbaren Vorkommen in eiszeitlichen Sedimenten aus Skandinavien, kaum auf Diamantenlagerstätten hoffen, doch gibt es als Ersatz hierfür einige sensationelle Vorkommen hochreiner Doppelender- und Szepterquarze, deren Glanz und Habitus so manchen Diamanten in den Schatten stellen. Einige dieser Lagerstätten befinden sich in dem

niedersächsischen Landkreis Schaumburg, nahe der alten Weserstadt Rinteln. Von hier aus erstreckt sich der Taubenberg in südöstliche Richtung, in dessen Gesteinen der begehrte Edelstein vorkommt. Auch entlang der Höhenzüge des Extertales, sowie in den Flußschottern der Exter, die bei Rinteln in die Weser mündet, kann der "Schaumie", wie er von ortsansässigen Sammlern genannt wird, gefunden werden.

Berühmt war der Schaumburger Diamant schon zur Zeit unserer Vorfahren, soll doch schon der Fürst der alten Grafschaft von Schaumburg-Lippe angeblich seine Krone mit diesen Steinen geziert haben. Und es ist anzunehmen, daß holländische Händler, die den als "Bremer Sandstein" berühmten Bau- und Werkstein, aus dem nahe gelegenen Obernkirchen zu importieren versuchten, auch auf die Schaumburger Diamanten aufmerksam wurden und von ihrem Glanz in Antwerpen und Amsterdam, den Diamantenmetropolen, berichteten.
 

Form, Farbe, Aussehen und Eigenschaften

Im Gegensatz zum echten Diamanten, der aus 100% kristallinen Kohlenstoff besteht, ist der Schaumburger Diamant aus Quarz, also aus Silizium und Sauerstoff zusammengesetzt. Seine Härte beträgt nach der Mohsschen Skala 7. Seine Strichfarbe ist weiß. Er bricht muschelig, ist sehr spröde und weist keine Spaltbarkeit auf. Einen schwachen, ins rötlich gehenden Plechroismus weisen nur die angerauchten Exemplare auf. Die Größe schwankt von einem bis zu 35 Millimetern und in der Form und Farbe gibt es zahlreiche Variationen. Während manche Sammler allein den seltenen, sogenannten Szepterquarz als Schaumburger Diamanten bezeichnen, lassen andere (so die hannoverschen Geologen GROETZNER und MUTTERLOSE; 1981) auch schon die etwas häufiger anzutreffende Doppelender- und Bergkristallstufen als Schaumie gelten. Allen Kristallisationsformen eigen ist die vollkommende Klarheit der Quarze, in denen sich fast nie Verunreinigungen oder Inklusionen nachweisen lassen. Bergkristalle zeichnen sich durch die gleichmäßige Ausbildung der sechs Längsflächen aus. Doppelenderkristalle verfügen über eine absolut genaue Symmetrie und sind nicht selten graudiamantglänzend angeraucht. Über die Ursache dieses Raucheffekt besteht Streit, da mancher Autor ihn auf Spurenrückstände von Mangan- und Eisenoxid zurück führt, während andere Experten dafür Deformationen des Kristallgitters verantwortlich machen, die durch kurzwellige atmospärische Strahlung verursacht wurde.Der Habitus der Szepterquarze wird durch das Zusammenspiel zweier Bergkristallspitzen erklärt, die sich gegenseitig durchdringen und deren zwei Spitzen dann als ein gemeinsames Kristall weiterwachsen. Manche Szepter sind symmetrisch, andere asymmetrisch ausgebildet. Oft sind sie aus Platzmangel in ihrer Druse verzerrt.
 

Geologie

Die Bildung der Schaumburger Diamanten galt lange als kurios, galten Bergkristalle und Rauchquarze doch als Mineralien der Erstarrungsgesteine und nicht der Sedimente. Der gesamte Raum Schaumburg wird jedoch aus Sedimenten des Erdmittelalters gebildet, so daß es dort eigentlich gar keine Quarze geben dürfte. Erst in den sechziger Jahren setzte sich die Erkenntnis durch, daß es auch zur Bildung sedimentären Bergkristalls kommen kann, dessen Ursubstanz, das Silizium, aus den Chitinpanzer von Billionen kleinster Lebewesen (Radiolarien und Kieselalgen) stammt. Diese lagern sich am Boden der Meere oder Seen ab und können dort ganze Schichten ausmachen, aus denen sich gelartige Kieselsäure ausfällen kann (Opal, Feuerstein) die durch ganze geologische Schichten wandern kann. Auch aus sandigen und Sandsteinschichten können sich durch chemische Prozesse siliziumreiche Lösungen bilden, die sich anderenorts ablagern.

Die Kristallisation der Schaumies erfolgte dementsprechend in zwei Stufen. Zur Zeit des ausgehenden Trias in der Abteilung des Keuper vor ziemlich genau 200 Millionen Jahren befand sich im Raum des Schaumburg-Lippischen Berglandes ein in Phasen eindampfendes Flachmeer, bzw. eine brakige, lagunäre Seen- und Flußlandschaft. Bereiche des Festlandes waren durch feuchttropisches Klima geprägt. Auch die Abteilung des Keuper wird noch einmal in den Unteren Keuper (Lettenkeuper), den Mittleren Keuper (Gipskeuper) und den Oberen Keuper (Rät) unterteilt. Und in jene Phase des Gipskeuper (km4, da auch er noch einmal in 4 Phasen unterteilt wird) kam es zur Ablagerung von Gips-, Mergel- und Sandsteinen. Sie entstanden aus dem Bodenschlamm großer Binnenseen bei trockenen, tropischen Klima. Die Gipsmineralien waren oft in Form von Lagen und Knollen in Mergelsedimenten angereichert und legten damit die Architektur der späteren Quarzdrusen und -horizonte fest, in denen sich der Schaumburger Diamant verbirgt. Es sollte jedoch noch 70 Millionen Jahre dauern, bis die Edelsteine sich in der Kreidezeit anfingen auszukristallisieren. Zu jener Zeit begannen die bis dahin horizontal liegenden Schichten der Keuperplatte und der Jurazeit  sich großräumig flach nach Norden zu verkippen. Verantwortlich hierfür waren salztektonishe Prozesse im Untergrund. In der Folge dieser geologischen Aktivitäten, kam es zu einer Auslaugung der Gipskonkretionen , so daß die Ton- und Mergelsteine der km4 Schicht regelrecht von Hohlräumen durchlöchert wurden. Einher gingen diese Prozesse mit einer Änderung der chemisch-physikalischen Ladungszustände die eine horizontale Verlagerung kieselsäurehaltiger Lösungen ermöglichten. Diese gelangten in die frei gewordenen Hohlräume und kristallisierten dort zu den Schaumburger Diamanten. Alle diese Prozesse spielten sich im Untergrund des damals ganz Norddeutschland überdeckenden Kreidemeeres ab. Wie lange die Kristallisationsprozesse andauerten, läßt sich bisher nicht rekonstruieren. Es sollte jedoch noch mindestens weitere 100 Millionen Jahre andauern, bis die Schichten des Keuper das Tageslicht unserer heutigen, der vierten (quartären) Welt erblickten. Erst mußten noch durch die Arbeit der Erosion, insbesondere der drei Eiszeiten, die viele hundert Meter mächtigen Schichten der Jura-, Kreide- und Tertiärzeit abtragen. Die Zeit dieses Auftauchens mag verantwortlich für eine Zunahme der kosmischen Strahlung in der km4 Schicht, und damit für Bildung der Bergkristalle zu Rauchquarze sein?
 
 

Heute finden sich die Schaumburger Diamanten in einem bis zu 50 cm dicken Horizont der km4 Serie. Die km4 Schicht besteht aus grauen Mergel- und Tonsteinen, die von einem harten Quarzitband durchzogen wird. Innerhalb dieser Quarzite, und in Knollen unmittelbar darüber, lassen sich die begehrten Steine finden. Als Orientierung mag gelten, daß die km4 Schichten sich zwischen den bunten Ton-Sedimenten der "Roten Wand, km3" und den eher dunklen Schiefertonen, und den gelbbraunen Sandsteinen des Rät (Oberer Keuper, ko) befinden.
 

Begleitmineralien (Paragenesen)

In den Hohlräumen in denen die Schaumburger Diamanten vorkommen, werden eine Reihe interessante Begleitmineralien beobachtet:

Calzit: CaCO3, Mohshärte 3, vollkommene Spaltbarkeit, spröder bis muscheliger Bruch, weißer Strich, braust unter Zugabe von HCL kräftig auf. Calzit kommt in Form von gelben Kristallen mit glatten Flächen vor.

Baryt: BaSO4, Mohshärte 3,5, vollkommene Spaltbarkeit, spröder bis muscheliger Bruch, weißer Strich. Baryt (Schwerspat) kommt in Form freigewachsener weißer Flächen und Tafeln bis 10mm Größe vor.

Chalkopyrit (Kupferkies): CuFeS2, Mohshärte 4, unvollkommene Spaltbarkeit, muscheliger bis spröder Bruch, grünschwarzer Strich. Kupferkies kommt in Form bis zu 5 mm großer goldglänzender Körner vor.

Zinkblende: ZnS, Mohshärte 4, vollkommene Spaltbarkeit, unebener-spröder Bruch, braune Strichfarbe. Zinkblende  kommt in Form schwarzer, bis 5 mm großer glänzender Kristalle vor

Malachit: Cu2((OH)2/CO3) Mohshärte 4, vollkommene Spaltbarkeit, splittriger-spröder Bruch, hellgrüne Strichfarbe. Malachit kommt als Sekundermineralisation von verwittertem Kupferkies in Form von dunkelgrünen bis 7 mm großen Büscheln vor. Oft ist Malachit direkt auf Kupferkies aufgewachsen.
 
 

Mineraliensammeln im Spannungsfeld der Forstwirtschaft und des Natuschutz

Nach dem Erscheinen des Führers "Geologische Wanderwege in der Grafschaft Schaumburg" von GROETZNER und MUTTERLOSE (vergriffen) im Jahr 1980,  und Veröffentlichung des Artikels "Mineraliensammelfahrten im Raum Hannover" von MEYER und DOSTMANN im Magazin Lapis im Jahre 1984 setzte im Raum Rinteln ein regelrechter Goldrausch ein, um die begehrten Mineralien zu sammeln. Tausende Hobbymineralogen suchten seither das Terrain auf, so daß es die örtlichen Behörden (Forst, Fremdenverkehr, Naturschutz) zum Teil bitter bereuten, jemals die Fundpunkte im Rahmen eines geologischen Wanderpfades publik gemacht zu haben. Zwar erhoffte man sich positive Effekte für den Fremdenverkehr, doch hatte man nicht damit gerechnet, daß teilweise mit Spitzhacke, Spaten und hydraulischem Gerät nach dem Mineral geschürft würde. Ganze Schächte und Stollen wurden gegraben um dem höffigen Quarzitband bis mehrere Meter in den Berg hinein zu folgen. Es kam zu regelrechten Einstürzen und Baumentwurzelungen, so daß die Forstbehörde immer wieder eingreifen mußte. Selbst Forstwege wurden unterhöhlt und "angeknabbert". In der Folge dieser Entwicklungen wurden inzwischen an einer Reihe von Fundpunkten Verbote aufgestellt. Verstöße hiergegen werden mit empfindlichen Geldbußen geahndet.
 

Schaumburger Diamanten im Lichte der Esoterik und Steinheilkunde

Zwar ist der Aspekt der Edelsteinheilkunde unter klassischen Mineraliensammlern verpönt, dennoch erfreut er sich regen Interesses eines wachsenden Publikums. Ausgehend von fernöstlicher Religion und amerikanischen "New Age" Denkens vermuten Anhänger der Edelsteinheilkunde belebende Wirkungen auf Energiezentren unseres Körpers. Entsprechend der Lehren, gibt es im Körper eines jeden Lebewesens Chakren, die den freien Fluß physikalisch nicht meßbarer kosmischer und irdischer Energien gewährleisten sollen. Krankheit definieren sie als Blokade dieser Energiezentren. Um diese Blockaden zu lösen werden je nach Chakra verschiedene Mineralien eingesetzt. Entweder werden sie direkt aufgelegt, oder aber Elexiere daraus hergestellt. Entsprechend dieser Lehren sollen Schaumburger Diamanten, ebenso wie seine amerikanischen Pendants, die Herkimer Diamanten, beschleunigt in Heilungsprozesse eingreifen. Der Stein soll prinzipiell auf alle Chakras belebend wirken.